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Eine Privatisierung des elektronischen Passes wäre ein fataler Fehler

Keine Drei-Klassen-Gesellschaft im Internet

Nichts anderes als die Privatisierung einer öffentlichen Aufgabe: Das sieht das E-ID-Gesetz vor, welches am 7. März zur Abstimmung kommt. Dass es eine sichere und vertrauenswürdige Online-Identifikation braucht, ist unbestritten. Aber diese Aufgabe gewinnorientierten Unternehmen anzuvertrauen, ist nicht akzeptabel, denn es geht um offizielle und sensible Daten.

(SGB) Damit wäre der Weg für die Bildung eines Oligopols oder sogar eines privaten Monopols geebnet – vor allem für eine Drei-Klassen-Gesellschaft bei der elektronischen Identität, ohne jegliche Kontrolle, insbesondere, was die Preise für die Nutzer betrifft. Diese schlechte Vorlage muss abgelehnt werden: Der Bund darf eine seiner wichtigsten Aufgaben und Daten nicht an private verscherbeln. Stattdessen gilt es, einen digitalen Service public zu entwickeln, der transparent, sicher und für alle gleichermassen zugänglich ist.

Der Service public ist ein Schweizer Erfolgsmodell. Es ist unter anderen den Gewerkschaften zu verdanken, dass er nicht privatisiert wurde, im Gegensatz zu fast allen europäischen Ländern. Die gleiche Logik muss auch in der digitalen Welt gelten: Es geht um den gleichberechtigten Zugang zu grundlegenden Diensten, wie z. B. der Möglichkeit, Dritten gegenüber seine Identität offiziell nachweisen zu können. «Jeder akzeptiert inzwischen, dass die kommerzielle Durchdringung unserer Intimsphäre durch multinationale Firmen, die unsere Daten anhäufen und vermarkten, ungeahnte Gefahren mit sich bringt, die mittlerweile sogar an den Grundfesten unserer Demokratie rütteln. In diesem Zusammenhang wäre die Privatisierung unserer digitalen Identität Irrsinn», sagt SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard.

Die personenbezogenen Daten, über die der Staat verfügt, sind gerade wegen ihres offiziellen und verbürgten Charakters von immensem Wert. Vertraut man ihre Nutzung und die Ausstellung des Online-Gegenstücks zum Pass Privatunternehmen an, untergräbt dies das notwendige Vertrauen in ein solches System und bedroht ganz konkret den gleichberechtigten Zugang für alle, da z. B. der Preis für unterschiedliche Sicherheitsstufen in keiner Weise gesetzlich geregelt ist. «Der Staat darf die Digitalisierung nicht an die Privatwirtschaft delegieren. Im Gegenteil, er muss sie selbst in die Hand nehmen, im Dienste des Allgemeinwohls und nicht für privaten Profit», sagt Natascha Wey, stellvertretende VPOD-Generalsekretärin.

Dies gilt insbesondere für den Gesundheitsbereich, wo das elektronische Patientendossier weiterentwickelt wird. Nun hat aber die SwissSign Group, das Konsortium, das bereitsteht, einen privaten E-ID-Dienst zu betreiben, wenn das Gesetz angenommen würde, mehrere Krankenversicherer in ihren Reihen. Natascha Wey: «Wer den Krankenkassen die Nutzung elektronischer Identitäten anvertraut, erhöht das Risiko des Missbrauchs hochsensibler Daten und setzt ein katastrophales Signal. Die Digitalisierung von Patientendossiers muss auf Lösungen beruhen, die in öffentlichem Interesse und gemeinnützig sind. Sonst fehlt einfach das notwendige Vertrauen.»

Die Abstimmung vom 7. März ist von strategischer Bedeutung. Die Entwicklung grundlegender Internet-Infrastruktur dem privaten Sektor zu überlassen, wäre ein schwerwiegender Fehler, der die Ungleichheiten beim Zugang zur digitalen Technologie verstärken und neue Schlupflöcher beim Datenschutz eröffnen würde. Laut syndicom-Präsident Daniel Münger «müssen wir im Gegenteil die Gelegenheit ergreifen, einen öffentlichen digitalen Identitätsdienst umzusetzen, der den heutigen und zukünftigen Bedürfnissen entspricht. Und so die Kontrolle über eine grundlegend staatliche Aufgabe behalten, statt sie an profitorientierte Akteure zu verscherbeln.»

Schon heute sind sehr viele Dienstleistungen online zugänglich, ein Beweis dafür, dass Bund, Kantone und Gemeinden durchaus in der Lage sind, die Digitalisierung zu gewährleisten. Die Schweiz kann zur Vorreiterin eines digitalen Service public werden. Sie verfügt über die notwendigen Ressourcen und Fachkenntnisse. Um diesen Weg zu beschreiten, braucht es zunächst ein klares Nein gegen die geplante Privatisierung.

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