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Einheitsbrei bei Tamedia?

Vielfalt schützen: Mit Medienförderung und einem Gesamtarbeitsvertrag

© Andreas Blatter

Unter dem Titel «Vielfalt statt Einheitsbrei» luden die Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Der Bund» zum gemeinsamen Mittagessen vor dem Berner Redaktionsgebäude ein. Unterstützt wurden die JournalistInnen von der Gewerkschaft syndicom und dem Berufsverband Impressum. Bei Risotto und Reden erklärten die betroffenen RedaktorInnen den anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Besorgnis über die Zukunft des Medienplatzes Bern, aber auch über die publizistische Vielfalt in der ganzen Schweiz.

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«Wir sitzen nicht bloss hier, um gratis ein vorzügliches Risotto zu geniessen, sondern vor allem, um ein Zeichen zu setzen», sagte Jürg Steiner, Präsident der Personalkommission der «Berner Zeitung», zu Beginn der Veranstaltung. «Es geht nicht mehr darum, einen der beiden Titel zu retten. Beide sind genau gleich bedroht, und zwar von innen, weil sie könnten ausgehöhlt werden. Und damit würde das verloren gehen, was wichtiger ist als Bund oder BZ. Nämlich das, was wir zusammen leisten: Unterschiedliche Ansichten, Meinungen, Analysen zu liefern, und zwar nicht unüberlegt wie in Facebook-Kommentaren, sondern nachvollziehbar und professionell. Erst so kann man von Meinungsvielfalt reden, die ein Grundpfeiler ist in der Demokratie. Um das geht es uns, dafür sind wir hier nach draussen gekommen».

Markus Dütschler, Präsident der Personlakommission beim «Bund», doppelte nach: «Wohl nur wenige Leute haben die wenigen Zeitungsartikel zur Kenntnis genommen, die in letzter Zeit über die Umwälzungen bei Tamedia erschienen sind – in anderen Presseerzeugnissen. Und viele haben nicht erkannt, was das Gerede von Kompetenzzentren bedeutet – nämlich Einheitsbrei. Wenn viele Inhalte zentral produziert werden, bekommen alle das Gleiche zu lesen, egal, welcher Titel über ihrem Blatt steht.« Und weiter: «Wir kennen die Situation auf dem Inseratemarkt. Wir ignorieren diesen Wandel nicht. Wir betreiben auch keine Besitzstandswahrung. Aber wir verlangen, dass man uns einbezieht, denn schliesslich sind wir es, die die Inhalte produzieren».

Roland Kreuzer, Sektorleiter Medien und Mitglied der Geschäftsleitung der Gewerkschaft syndicom, betonte:«Wieder stehen Arbeitsplätze noch ungeahnten Ausmasses in den Tamedia-Redaktionen auf dem Spiel! Ein publizistischer Einheitsbrei ist eine Gefahr für jede Demokratie, denn für die politische Meinungsbildung braucht es verschiedene Ansätze, wie Themen beleuchtet werden können; und es braucht auch verschiedene Ansichten, damit sich die Bevölkerung ein eigenes Bild machen kann. Übersetzte Texte von den immer gleichen Autorinnen und Autoren werden den unterschiedlichen Kulturen in den verschiedenen Regionen der Schweiz niemals gerecht.» Ein weiteres Anliegen der Gewerkschaft: «Es ist höchste Zeit, dass die Medienvielfalt in der Schweiz gezielt gefördert wird. Es ist nicht gut, wenn ein paar wenige Verlagshäuser, unter ihnen seit gestern auch das Gratiszeitungs-Imperium von Christoph Blocher, die publizistische Landschaft der Schweiz alleine beherrschen.»

Ausserdem ist es längst höchste Zeit, dass die Journalistinnen und Journalisten wieder unter den Schutz eines Gesamtarbeitsvertrags gestellt werden. Nur so können die Arbeitsbedingungen auf den Redaktionen und somit auch die Qualität der Publikationen gesichert werden. Wir freuen uns, wenn bald echte Verhandlungen beginnen.»

Weitere Zitate von Jürg Steiner…
«Mit immer weniger Leuten bedienen wir immer mehr Kanäle. (…) Wir reden hier von Engagement, von Leidenschaft, aber vor allem auch von Qualität, die wir als Journalistinnen und Journalisten der Öffentlichkeit schuldig sind. »

… und Markus Dütschler:
«Tamedia ist nicht irgendjemand. Tamedia ist der Platzhirsch. Von diesem Marktführer darf man erwarten, dass er Publizistik nicht nur mit dem Rotstift betreibt, sondern auch investiert. Die grossen Gewinne der letzten Jahre würden das problemlos möglich machen.»
 

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