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Eklat am Verlegerkongress

Es rumort im Verband «Schweizer Medien»: die Mitglieder des Verlegerverbandes wollen erstmals nach elf Jahren wieder über einen Gesamtarbeitsvertrag verhandeln. Und Ringier signalisiert die Bereitschaft, einen Betriebs-GAV abzuschliessen. 

 

In den Wochen vor dem jährlichen Verlegerkongress knallte es gewaltig. Mit der Ankündigung eines Joint Ventures zwischen Ringier, der SRG und der Swisscom brachte das Verlagshaus Ringier die Kollegen im Verbandspräsidium in Rage. Dort neidet man dem als «Trio Infernal» diffamierten Werbeverbund nicht nur die zukünftigen Einnahmen, sondern stört sich auch am Einschluss des momentanen Lieblingsfeindes SRG, die seit Monaten unter schärfstem Beschuss der ­privaten Medienhäuser steht. Vor allem Pietro Supino von Tamedia scheint zu glauben, er könne seine eigenen Taschen durch eine Zerschlagung des medialen Service public noch praller füllen.

Die Folge der offenbar recht unzimperlich geführten Diskussion im Präsidium von «Schweizer Medien» war Ringiers sofortiger Austritt aus dem Deutschschweizer Verlegerverband.

Im ersten Unmut gab das zweitgrösste Schweizer Medienhaus bekannt, dass man sich überlege, auch aus dem Westschweizer Verband «Médias ­Suisse» auszutreten. Das allerdings wäre ein fatales Signal – auch weil «Médias Suisse» über die CCT, das Pendant zum GAV, in die Sozialpartnerschaft eingebunden ist.

Betriebs-GAV für Ringier

Ringier hatte in den vergangenen Jahren mehrmals durchblicken lassen, dass man nicht glücklich sei über die Weigerung des Verlegerverbandes, mit den Gewerkschaften GAV-Verhandlungen für die Deutschschweiz und das Tessin aufzunehmen. Darum fragten syndicom und Impressum nach dem Eklat bei Ringier nach, ob es jetzt – ohne Verbandsfesseln – wohl möglich sei, einen Betriebs-GAV auszuhandeln? Und Ringier antwortete postwendend, dass man an Gesprächen interessiert sei.

Da tat sich der Verlegerverband einiges schwerer. Ein längeres Wortgefecht an der Mitgliederversammlung zwischen dem Präsidium, dem Geschäftsführer unserer Schwestergewerkschaft Impressum und dem Verlagsvertreter der WOZ, das in einem geharnischten Votum des Herausgebers der sicher nicht linkslastigen «Jungfrau Zeitung» endete, der das Verhalten des Verlegerpräsidiums als «undemokratisch» bezeichnete, endete mit dem überraschend einstimmigen Abstimmungsergebnis, es solle in die Jahresziele 2016 von «Schweizer Medien» aufgenommen werden, dass ein Vertragsentwurf zuhanden des Präsidiums auszuarbeiten sei, der als Grundlage für kommende GAV-Verhandlungen genutzt werden könne.

Ein nationaler Medien-GAV?

Dieser Beschluss ist nach elf Jahren des vertragslosen Zustands eine Sensation. Natürlich werden die GAV-Gegner im Präsidium versuchen, den Beschluss der Mitgliederversammlung zu torpedieren. Aber ein erster Schritt ist gemacht. Es wird helfen, wenn Ringier mit einem guten Betriebsvertrag Massstäbe setzt. Das Redaktionspersonal braucht geregelte Arbeitsbedingungen und Mindestlöhne. Da gibt es noch viel zu verbessern und zu tun. Wir freuen uns darauf, es anzupacken.

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