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Erster GAV Netzinfrastruktur

Daniel Hügli, Zentralsekretär des Sektors Telecom/IT, kommentiert im Gespräch Ziele, Inhalte und mögliche Folgen des neuen Gesamtarbeitsvertrags für die Branche Netzinfrastruktur.

 

Welche Ziele habt ihr mit dem Abschluss dieses Branchen-GAV verfolgt?

Daniel Hügli:  Wir haben an die Hauptbetroffenen, die Beschäftigten, gedacht, an ihre Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeiten, die Zulagen. Und wir wollten Mindestlöhne für die gesamte Branche festlegen. Auf Seiten der Unternehmen braucht es gemeinsame Standards für die ganze Branche.

Für diejenigen Unternehmen, die diesen Standards bei weitem nicht genügen, wurde vorgesehen, dass sie 12 bis 18 Monate Zeit haben, um ihre Arbeitszeiten und Mindestlöhne anzupassen. Ziel ist es, keinen unlauteren Wettbewerb mehr zu haben. Auf den Unternehmen mit guten GAVs lastete ein grosser Konkurrenzdruck.

Welche Verbesserungen bringt der neue Branchen-GAV?

Die wichtigsten Verbesserungen haben wir in einem Factsheet aufgeführt (s. Seite 5 unten). In einer Branche, in der nur drei Unternehmen – Saphir Group, Network 41 und Cablex – einen GAV hatten, ist ein Branchen-GAV besonders wichtig.

Die Verkürzung der Arbeitszeit war eine zentrale Forderung. Der Wechsel von der 50- zur 42-Stunden-Woche (nach einer Übergangsfrist) bedeutet einen grossen Fortschritt. Das ist aber nur ein Anfang. In der nächsten Verhandlungsrunde wird eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden angestrebt. Wir wollen uns den drei bereits bestehenden GAV annähern.

Die Nacht- und Sonntagszulagen sind deutlich höher als im Arbeitsgesetz.

Ja, auch wenn untypische Arbeitszeiten die Ausnahme bleiben sollen. Der Mindestlohn liegt bei über 4000 Franken (13-mal ausbezahlt) oder, für Ungelernte, monatlich bei 3750 Franken (13-mal ausbezahlt).

Es ist wichtig, einen Mindestlohn festzulegen, aber auch Löhne, welche die Ausbildung berücksichtigen. Wir werden in den nächsten Verhandlungen natürlich für die Erhöhung dieser Mindestlöhne kämpfen. Bei den Ferien haben wir 5 Wochen bis 50 Jahre und für Ältere 6 Wochen, also eine bzw. zwei Wochen über dem gesetzlichen Minimum.

Gibt es auch Verbesserungen, die in der Tabelle nicht aufgeführt sind?

Die gibt es, zum Beispiel bei der Taggeldversicherung: Für bis zu 720 Tage Abwesenheit (Krankheit oder Unfall) werden 80% des Lohns ausbezahlt. Vorher war es nur das gesetzliche Minimum. Das ist eine gute Grundlage, die wir noch weiter verbessern wollen. Das ist wichtig, weil das Unfallrisiko für bestimmte Personalkategorien in dieser Branche eher hoch ist.

Für Leute, die regelmässig im Tunnel ohne Tageslicht und in einer feuchten Umgebung arbeiten, wurde ein Pauschalzuschlag pro Tag festgelegt.

Ausserdem sind bezahlte Urlaubstage für die Weiterbildung der Mitglieder und für die Mitwirkung in den Gewerkschaftsorganen vorgesehen. Die Gewerkschaft hat auch erreicht, dass Regionalsekretärinnen und -sekretäre Zugang zu den Unternehmen erhalten, beispielsweise um eine Personalversammlung zu organisieren.

Was halten die Angestellten vom GAV?

Unsere Gewerkschaftsmitglieder, vor allem jene bei Cablex, sind erleichtert, dass endlich Standardbedingungen für die ganze Branche festgelegt wurden. Dadurch verringert sich der Druck auf ihren Unternehmen, deren Konkurrenten sich bisher weniger um gute Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen kümmerten. Dank dem Branchen-GAV lassen sich diese besseren Arbeitsbedingungen rechtfertigen.

Dieses Jahr soll eine Branchenkonferenz stattfinden, zu der alle unsere Mitglieder, aber auch alle Beschäftigten der Branche eingeladen werden, die noch nicht Mitglied sind. Mit einer grösseren Mitgliederzahl können wir auch unsere Repräsentativität und vor allem unsere Möglichkeiten zur Verbesserung des GAV und der Arbeitsbedingungen weiter stärken.

Besteht nicht die Gefahr, dass bestimmte Unternehmen schlies­sen müssen, wenn sie die neuen Standards anwenden?

Es ist möglich, dass bestimmte Unternehmen, die Lohndumping betrieben haben und ihre Angestellten die Höchstarbeitszeit arbeiten liessen, vom Markt verschwinden werden. Das muss in Kauf genommen werden, wenn man Unternehmen haben will, die bestimmte minimale Qualitätsstandards einhalten. Wer seine Stelle verliert, wird aber sicher wieder eine finden, da die Arbeit in diesem Zukunftssektor nicht abnehmen wird.

Wenn sich die Bedingungen für die Angestellten verbessern – besteht dann nicht die Gefahr, dass weniger teure Subunternehmen beigezogen werden?

Was die Vergabe von Unteraufträgen betrifft, ist es zentral, dass für in- und ausländische Unternehmen ein gemeinsamer Standard gilt. Es braucht in allen Branchen Kontrollen, bei den Handwerkern oder auf den Baustellen. Wir haben deshalb im GAV eine paritätische Kommission vorgesehen. Diese hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, Kontrollen in den Unternehmen durchzuführen.

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