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Es muss mal vorwärts gehen

25 Jahre nach dem Frauenstreik und 20 Jahre seit Bestehen des Gleichstellungsgesetzes ist die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit noch immer nicht erfüllt. Lohnkontrollen sind ein notwendiges Mittel zum Zweck. Denn nur wenige Unternehmen führen eine freiwillige Lohnanalyse durch. Ein SGB-Dossier fasst die Sachlage kompakt zusammen. 

 

Der Bundesrat hat eingesehen, dass Lohnkontrollen nötig sind. Er hat eine Revision des Gleichstellungsgesetzes eingeleitet, die den Bund viel stärker in die Verantwortung nehmen soll. Lohnkontrollen als Mittel zum Zweck schaffen Transparenz. So kann Lohnungleichheit konkret angegangen und behoben werden.

syndicom hat in ihrer Stellungnahme zur Vernehmlassung im März dieses Jahres folgende Punkte gefordert:

  • regelmässige Lohnkontrollen,
  • staatliche Verantwortung und Stichprobenprüfung,
  • staatliche Sanktionen,
  • Einbezug der Sozialpartner,
  • Nulltoleranz bei festgestellten Lohndifferenzen.

Nun wird bald das Vernehmlassungsresultat vorliegen. Der Bundesrat wird voraussichtlich im Oktober oder November darüber beraten.

Bereits jetzt ist klar: Die Rechte wehrt sich mit Händen und Füssen gegen Lohngleichheit. Sie hat kürzlich im Rahmen der Altersvorsorge 2020 unter anderem das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre erhöht – die Lohngleichheit hingegen torpediert sie weiterhin ... Tatsächliche Lohngleichheit bringt aber allen etwas: den Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden, der Wirtschaft und der Gesellschaft.

diskriminierung passiert vielfach «aus Versehen»

Das im Juli 2016 erschienene SGB-Dossier Nr. 116 («Lohnkontrollen – ein Reader, 25 Jahre nach dem Frauenstreik») zeigt, wo wir heute stehen, worin der Nutzen liegt und welche Erfahrungen damit bereits in der Schweiz und in anderen Ländern gemacht wurden. Die Vorteile und den Nutzen von Lohnkontrollen bespricht die Autorin dieses Beitrags in Kapitel 4 des SGB-Dossiers.

Einige Beispiele:

  • Anlässlich der Revision des Gleichstellungsgesetzes wurde eine «Regulierungsfolgen-Abschätzung» vorgenommen. Sie zeigt: rund die Hälfte der Firmen, die interne Lohnanalysen durchgeführt haben, passten in der Folge die Lohnstruktur an – meist in Richtung Erhöhung der Frauenlöhne.
  • Eine Umfrage des Centre Patronal (Arbeitgeber-Lobbyverband) hat ergeben: ein Grossteil der Betriebe ist an der Umsetzung der Gleichstellung interessiert und will nicht wissentlich diskriminieren. Dass es trotzdem passiert, hat mit Rollenstereotypen und gesellschaftlichen Erwartungshaltungen zu tun.
  • Routinemässige Lohnkontrollen schaffen Transparenz und öffnen ArbeitgeberInnen wie Mitarbeitenden die Augen, beispielsweise indem die Ergebnisse im Jahresbericht einer Firma veröffentlicht werden. Gerade in der Schweiz, wo es verpönt ist, mit ArbeitskollegInnen über den Lohn zu sprechen, ist dies eine wichtige Massnahme im Kampf gegen Lohndiskriminierung.
  • Fortschrittliche Firmen, die Frauen wie Männer für gleichwertige Arbeit gleich und angemessen entlöhnen, haben einen Vorteil bei der Suche nach qualifiziertem Personal.
  • Nicht zuletzt können mit Lohnkontrollen legale Schritte wie Lohnklagen vermieden werden. Diese sind nicht nur für die klagenden Mitarbeiterinnen aufwendig und emotional belastend. Sie sind auch für die Firmen aufwendig und mit einem Verlust von guten Arbeitskräften verbunden.

Vorbild Bund

Das öffentliche Beschaffungswesen sieht Lohnkontrollen vor: Der Bund verlangt nämlich von den Unternehmen eine Erklärung, dass sie ihre Lohnstruktur auf Diskriminierung analysiert haben. Der Bund kann auch Kontrollen durchführen. Bei Nichteinhaltung der Lohngleichheit kann er Anbieter ausschliessen, Zuschläge widerrufen und Konventionalstrafen verhängen.

Nun ist es wirklich Zeit, Rechtsgleichheit zu schaffen und die Lohnkontrollen schweizweit einzuführen.

Ein Grossteil der Arbeitgeber wünscht sich das auch und ist offen für staatliche Massnahmen: Die Hälfte der vom Centre Patronal befragten 660 Unternehmen findet solche akzeptabel, 26 Prozent begrüssen sie. Wenn sich jetzt auch Arbeitgeber für die Bekämpfung von Diskriminierung mittels Lohnkontrollen einsetzen, ist das Ziel in Sichtweite.

Ein Argument, das von Unternehmen und bürgerlichen Parteien gerne ins Feld geführt wird, ist, dass sich die Gesellschaft ja verändere. Der Ausbildungsstand der Frauen nehme stetig zu, womit sich die Lohngleichheit eines Tages von selber ergeben würde.

Dieses Problem löst sich nicht von alleine

Tatsächlich kann eine bessere Ausbildung von Frauen eine Verkleinerung des erklärten Anteils am Lohnunterschied bewirken. Allerdings braucht es auch mehr Unterstützung in der Kinderbetreuung usw. Der unerklärte Anteil des Lohnunterschieds hingegen – der diskriminierende Anteil – wird davon aber nicht beeinflusst.

Studienleiterin Silvia Strub vom Büro BASS glaubt nicht, dass sich die Lohnunterschiede ohne zielführende Massnahmen mit der Zeit von selbst ausgleichen: In der Studie zeige sich jedenfalls nicht, dass es bei jüngeren Frauen eine Veränderung hin zu mehr Lohngleichheit gebe. Im Einzelfall müsse jedes Unternehmen eine Lohnanalyse machen und diese von einer externen Stelle begleiten lassen, um Lohn­ungleichheit seriös festzustellen und zu beseitigen.

Darum wird syndicom weiterhin für Lohnkontrollen kämpfen!

SGB-Frauenkommission (Hg.): Lohnkontrollen – ein Reader, 25 Jahre nach dem Frauenstreik. Juli 2016, Dossier Nr. 116.

Kostenloses PDF auf www.sgb.ch unter Publikationen, Dossiers.

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