Artikel

Hier spricht Ihr Briefkasten - das Internet der Dinge

Das Internet der Dinge, wo sich Objekte vernetzen und Abläufe sich selber optimieren, ist der neuste Schrei. Post und Swisscom mischen mit, aber auch gewitzte Schweizer Start-ups. Die Datenschutzbehörde ruft zur politischen Vorsorge auf, damit wir jetzt den Überwachungsstaat von morgen verhüten. 

Wenn eine Postsendung unbefugt geöffnet wird, schlägt das Paket Alarm. Geht ein Lagerbestand zur Neige, löst das Regal eine neue Bestellung aus. Die Obstkiste beschwert sich, wenn es ihr unterwegs zu warm wird: Das «Internet der Dinge» lässt die Grenze zwischen online und offline verschwinden und macht vieles zum ersten Mal möglich.

Roboter im Zustelldienst

Der Gelbe Riese verfiel letzten März darauf, zwischen Bern und Biel versuchsweise ein erstes Low-Power-Funknetzwerk (LPN) aufzusetzen. Es überträgt im Gegensatz zu herkömmlichem Mobilfunk die Daten langsamer, hat aber eine deutlich grössere Reichweite und braucht weniger Energie. «Mit dieser Technik können verschiedenste Gegenstände und Geräte wie Fahrzeuge, Pakete und Briefkästen sehr kostengünstig und bei minimalem Energiebedarf mit dem Internet verbunden werden», stellt das Unternehmen zufrieden fest. Die Post könne dadurch neuartige, intelligente Dienstleistungen anbieten. Intelligente Briefe, führerlose Postautos, Paketauslieferung mittels Drohnen, Roboter im Zustelldienst kommen auf uns zu.

Kehrichtabfuhr optimieren

Die Swisscom ihrerseits wird laut Mediensprecherin ­Lauranne Peman den Ausbau ihres LPN-Netzes Ende 2016 abschlies­sen. Die Fernmeldedienstanbieterin ist überzeugt, dass neue Technologie sowohl die Arbeitswelt als auch den Alltag spürbar vereinfachen kann. Als Beispiele zählt die Swisscom-Sprecherin auf: Parkfelder melden ihre Belegung und übermitteln diese ins Verkehrsleitsystem; Recycling­container melden ihren Füllstand, optimieren so die Sammel­routen und reduzieren Kosten und Abgas; der eigene Briefkasten sendet der Besitzerin eine Nachricht, sobald ein Paket angekommen ist; Heizungszähler senden den Bezug der Mietpartei direkt an die Verwaltung zur exakten Abrechnung; Maschinen und Geräte melden sich anbahnende Ausfälle frühzeitig den Angestellten.

Preisgekrönte Schweizer Gadgets

In der Schweiz wie anderswo sind die vernetzten Gegenstände auf dem Vormarsch. Das Neuenburger Start-up-Unternehmen Kizy Tracking wurde im vergangenen Februar am «IoT/M2M Innovation World Cup» in Barcelona für seine Tracking-Lösung ausgezeichnet: Es bietet einen zierlichen Tracker von 50 Gramm für die weltweite Lokalisierung von Behältern, Paletten oder auch einfach Briefen. Ein weiteres Schweizer Start-up, Swissprime Technologies, wurde für seine Anwendung My Lock ausgezeichnet. Diese ermöglicht es, Schlösser per Telefon zu öffnen und zu schliessen.

Erste Vorboten der neuen Revolution

Die angekündigte Revolution dürfte dürfte noch zehn Jahre brauchen, heute sind die Daten und Technologien noch kaum standardisiert. Auch drohen noch massive Lücken in der Datensicherheit. Ob Revolution oder nicht: Man geht davon aus, dass um 2025 weltweit über 50 Milliarden Objekte, Maschinen und Geräte miteinander vernetzt sein werden. Das Risiko der Piraterie steigt, denn die IT-Sicherheit der Unternehmen ist nicht unfehlbar. Und auch für Privatpersonen besteht die Gefahr, dass ihre persönlichen Daten gehackt werden.

Jetzt das Datenschutzgesetz für die Zukunft stärken

Das Hauptrisiko, so die Kommunikationsspezialistin beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten, EDÖB, Silvia Böhlen Chio­falo, liegt bei der Menge der gesammelten Daten.

Silvia Böhlen Chiofalo weist darauf hin, dass der Schutz der Privatsphäre eine der wesentlichen Sorgen bleiben wird: «Wollen wir den Gang der Dinge noch beeinflussen, dann bietet die Revision des Datenschutzgesetzes jetzt die Gelegenheit dazu.»

Absehbare Problemfälle

Als Beispiele für absehbare Problemquellen nennt Böhlen Chio­falo intelligente Stromzähler (Smartmeter), in Kraftfahrzeugen in­stal­lierte «Pay as you drive»-Systeme, tragbare Computersysteme (Wearables) und natürlich Gesundheitsanwendungen, die Informationen über unseren Gesundheitszustand protokollieren und preisgeben.

Die bei der Nutzung vernetzter Gegenstände generierten Daten liefern Informationen über unsere Privat- und Intimsphäre und sind für die kommerziellen Zwecke Dritter hochinteressant. Der Rat von Böhlen Chiofalo an arglose User ist daher, die eigenen Daten «unter Kontrolle zu halten». Der EDÖB ruft die Hersteller vernetzter Gegenstände zudem zu standardmässigen Voreinstellungen auf, welche die Einhaltung des Datenschutzes erleichtern.

Totale Automatisierung

Maschinen und Systeme, die miteinander kommunizieren sowie sich selbst verwalten und optimieren, stellen die nächste Automatisierungswelle dar, die so genannte Industrie 4.0. In einem Interview prophezeite einer der IoT-Pioniere, der Unternehmer David G. Simmons, dass die aktuellen technologischen Umwälzungen die Arbeitswelt ebenso verändern werden, wie es das Internet in den 90er-Jahren getan hat.

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden