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Hoher Preis für mutigen Journalismus

Eine Starbesetzung mit Cate Blanchett und Robert Redford in den Hauptrollen soll nicht den Blick darauf verstellen, dass «Truth» ein hochspannendes Lehrstück über Feigheit und Zivilcourage im Medienbetrieb ist – «based on a true story». 

In einer Zeit, da Journalismus vielen als Auslaufmodell gilt, war der diesjährige Oscar-Gewinner «Spotlight» von Tom McCarthy ein cineastischer Lichtblick gewesen. Dort standen die Recherchen des «Boston Globe» über einen gigantischen Missbrauchsskandal im Jahr 2002 im Zentrum, nun erinnert «Truth» von James Vanderbilt an einen Fall von 2004, ebenfalls aufgedeckt von investigativen JournalistInnen, und mindestens so gravierend wie jener der Priester, die sich in der Diözese Boston massenhaft an Kindern vergangen und dabei die Protektion ihrer Oberen genossen hatten. Doch in «Truth» erlebt das den Skandal aufdeckende Team kein Happyend, sondern die geballte Macht einer Diffamierungskampagne, der sie schliesslich weichen mussten.

Ungünstiges Licht auf George W. Bush

«Truth» basiert auf einem 2005 erschienenen Sachbuch der ehemaligen Chefin von CBS News, Mary Mapes, die enthüllt, wie sie und ihr Team der Nachrichtensendung «60 Minutes» im Sommer 2004 Dokumente publik machten, die den damaligen Präsidenten George W. Bush ernsthaft in Bedrängnis brachten, und wie der Wirbel um diese Dokumente sie schliesslich den Job und die berufliche Existenz kostete.

In den auch als «Rathergate» bekannt gewordenen Dokumenten – nach Dan Rather, Mary Mapes’ Vorgesetzter bei CBS News – konnte man Brisantes lesen: Der junge ­George W. Bush war in den 1970er-Jahren dank Protektion aus höchsten Kreisen seiner Einberufung nach Vietnam entgangen. Stattdessen konnte er eine kurze militärische Karriere im Inland beginnen und wurde aufgrund weiterer Günstlingswirtschaft bald ganz vom Dienst befreit. Brisant war die Geschichte vor allem, weil Bush im Sommer 2004 mitten im Wahlkampf stand und seinen demokratischen Herausforderer John Kerry wiederholt wegen dessen seinerzeitigen Engagements gegen den Krieg in Vietnam angegriffen hatte.

Am Anfang des Films sieht man eine Mary Mapes (Cate Blanchett) als geschasste Nachrichtenfrau, sie hat das mediale Erdbeben, das ihre Enthüllungen auslösten, beruflich nicht überlebt. In einem grossen Flashback wird dann die Geschichte aufgerollt, wird gezeigt, wie Mary und ihr Team den alten Dan Rather (Robert Redford) überzeugen können, alle Energie in die Recherche um die Vergangenheit eines Präsidenten zu stecken, der ein gutes Jahr zuvor, im März 2003, den Krieg im Irak entfesselt hatte. Dass die Welt heute unter den Folgen dieses Krieges weiter leidet, der den halben Mittleren Osten in Brand gesteckt hat, macht aus «Truth» einen Film mit aktuellem Hintergrund. Es lohnt sich, trotz der Vielzahl von Nebenfiguren und Sub-Plots dranzubleiben. Es ist schliesslich ein Lehrstück über Desinformation und ein Muss für alle medial Tätigen und für alle, die an Journalismus interessiert und überzeugt sind, dass es ihn auch weiterhin braucht.

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