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Kampf der Giganten

Die Post und die Swisscom zeigen beide starkes Interesse am Grossauftrag für das elektronische Patientendossier. Es geht um Hunderte Millionen Franken und um eine Zukunft jenseits der Kerngeschäfte von gestern. 

 

Auf der einen Seite steht der Blaue Riese, die Swisscom. Auf der anderen der Gelbe Riese, die Post. Und dazwischen die weis­sen Kittel der Gesundheitsfachleute und vor allem die medizinischen Daten ihrer Patientinnen und Patienten.

Nun, da das elektronische Gesundheitsdossier in der Schweiz auf dem Vormarsch ist, streiten sich die beiden ehemaligen Staatsbetriebe, die sich 1998 getrennt haben, um den eHealth-Markt. Wenn die beiden Titanen aufeinanderprallen, dürften die Funken stieben.

Die Sportler im Visier der Swisscom

Kommen wir zuerst zum Blauen Riesen: Über seine neue ­eHealth-Abteilung «Swisscom Health» (200 Angestellte, nicht genau bezifferter Umsatz von «mehreren zehn Millionen Franken») wickelt die Telefonnetzbetreiberin ihre Geschäfte ab. Jüngste Errungenschaft ist die H-Net AG, eine Gesellschaft, die im Bereich der elektronischen Übermittlung von Arztrechnungen tätig ist.

Die Swisscom verkauft bereits ein eigenes elektronisches Patientendossier an die Spitäler. Sie hat auch «Evita» lanciert; das ist ein persönliches Gesundheitsdossier, das die Patientin, der Patient selbst verwaltet und Daten eigener Wahl speichert und zugänglich macht. Dazu können auch über das Mobiltelefon erfasste Daten gehören: Blutzuckerspiegel, Herzfrequenz, körperliche Betätigung. Swisscom Health vermarktet auch Data Sport, wo die Daten von Volkswettkämpfen (Startnummern, Zeitmessung) verwaltet werden. «Davon ist eine Million gesundheitsbewusster Sportlerinnen und Sportler betroffen», erklärt Stefano Santinelli, Geschäftsführer von Swisscom Health.

Bei diesen beiden auf den ersten Blick unterschiedlichen Tätigkeiten sieht der Blaue Riese eine Gemeinsamkeit: «Das Gesundheitswesen hat einen enormen Digitalisierungsbedarf: Jedes Jahr werden noch 250 Millionen Dokumente in Papierform verschickt», hält Stefano Santinelli fest. Auf diese Datenmengen hat es Swisscom Health abgesehen und führt dabei ihre Erfahrung mit der gesicherten Datenübertragung und dem Aufbau von komplexen Netzwerken ins Feld.

Auch die Post strebt eine Leaderposition an

Der Blaue Riese liegt jedoch nicht allein im Rennen. Mit 30 Angestellten im eHealth-Bereich und einem Jahresumsatz, der laut Geschäftsbereichsleiter Renato Gunc bei «einigen Millionen Franken» liegt, strebt auch die Post eine Leaderposition auf dem Markt der elektronischen Gesundheitsdossiers an. Erfahrung hat sie mit der Leitung von Pilotprojekten in Genf und im Tessin (auf dem Gebiet der Onkologie) erworben. «In einem kostspieligen Gesundheitssystem kann das elektronische Dossier die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsleistungen verbessern», betont Renato Gunc. Mit der Datenübermittlung von der Arztpraxis zum Spital und weiter zum Reha-Zentrum oder zur Spitex lassen sich unnötige Wiederholungen von Untersuchungen vermeiden. «Das kann sogar Leben retten», bekräftigt Gunc.

Auch für die Post lohnt sich die Weiterentwicklung des Marktes. «Wir müssen Alternativen zur physischen Post suchen, deren Volumen stetig abnimmt», stellt Renato Gunc fest. «eHealth ist ein sehr interessanter Sektor, wo wir unser Know-how in der gesicherten Kommunikation, der digitalen Identität, in Archivierung und Scanning nutzen können.»

Swisscom gegen Post – der Wettkampf hat begonnen. Wenn das Bundesgesetz über das elektro­nische Patientendossier, über das die eidgenössischen Kammern derzeit debattieren, in Kraft tritt, werden die Kantone oder nach regionalen Spitälern organisierten Gesundheitsdienstleister die Baustelle ihrer Digitalisierung ausschreiben. Der Wettkampf erfolgt somit in mehreren Dutzend Partien. Auf dem Spiel stehen Hunderte Millionen von Franken

(Erschienen in «La Liberté»,15. April 2015)

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