Artikel

Kann man eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen anfechten?

Ich bin 55 Jahre alt und arbeite seit 10 Jahren im selben Betrieb. Jetzt wurde mir wegen der «schwierigen wirtschaftlichen Situation» gekündigt. Kann ich etwas dagegen unternehmen?

Im schweizerischen Recht gilt die Kündigungsfreiheit. Für eine Kündigung bedarf es grundsätzlich keiner besonderen Kündigungsgründe, damit sie rechtmässig ist. Unterstehst du keinem Gesamtarbeitsvertrag und enthält dein Arbeitsvertrag auch keine Regelungen, gelten die gesetzlichen Mindestbestimmungen. Das heisst: die Kündigungsfristen sind einzuhalten, die Kündigung darf nicht zur Unzeit erfolgen und sie darf nicht missbräuchlich sein. Im Gesetz sind generelle Kündigungsfristen festgelegt: Im ersten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist einen Monat, vom 2. bis und mit 9. Dienstjahr zwei Monate, danach drei Monate. Ich gehe davon aus, dass die dreimonatige Frist bei dir eingehalten wurde. Sonst wende dich für Hilfe an dein Regionalsekretariat.

Das Gesetz bestimmt weiter einen Kündigungsschutz bei bestimmten biografisch-gesellschaftlichen Belastungen: Zu Zeiten des Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienstes und während Abwesenheit aufgrund von Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft ist eine Kündigung nur nach Ablauf der Schutzzeiten zulässig.

Da kein solcher Fall bei dir zutrifft, muss noch der sachliche Kündigungsschutz geprüft werden. Eine Kündigung ist etwa missbräuchlich, wenn sie aufgrund von Eigenschaften der Person oder wegen der Ausübung verfassungsmässiger Rechte ausgesprochen wird. Auch darf nicht gekündigt werden, weil Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden oder um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln. Auch Gewerkschaftszugehörigkeit bzw. die Ausübung von gewerkschaftlichen Tätigkeiten ist keine zulässige Begründung. Kündigungen verbunden mit schweren Persönlichkeits- oder Fürsorgepflichtverletzungen und «Sündenbock-Kündigungen» können ebenfalls missbräuchlich sein. Des Weiteren sind sogenannte Alterskündigungen missbräuchlich. Das Bundesgericht hat die Kündigung eines 63-jährigen Arbeitnehmers mit 44 Dienstjahren als missbräuchlich eingestuft. In deiner Frage erwecken einzig dein Alter und die Anstellungsdauer den Eindruck, dass mit deiner Kündigung etwas nicht stimmen könnte. Für eine «Alterskündigung» reicht es in deinem Fall aber nicht, da die benötigte Schwere mit 55 Jahren und 10 Dienstjahren nicht erreicht wird. Es ist nicht per se missbräuchlich, wenn bei einer Umstrukturierung primär die älteren, teureren Mitarbeiter entlassen werden. Auch wenn der Vorgesetzte sich bei der Kündigung unkorrekt, unanständig verhält, macht das die Angelegenheit nicht missbräuchlich.

Im Fall einer missbräuchlichen Kündigung könnte nur eine Entschädigung gefordert werden (maximal 6 Monatslöhne), die Kündigung würde nicht aufgehoben werden. Durch den Einsatz der Gewerkschaft und von ArbeitskollegInnen ist es aber schon gelungen, Wiedereinstellungen durchzusetzen.

Da bei deiner Kündigung keine gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen verletzt wurden, fällt sie unter die Kündigungsfreiheit. Die Kündigung kann nicht angefochten werden.

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden