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Neue Ausbildung der PolygrafInnen – ein Flop?

Seit Wochen erscheinen zur neuesten Reform der PolygrafInnen-Ausbildung Meinungen, Obsessionen und zuletzt auch persönliche Angriffe in Fachzeitschriften und Blogs. Was ist der Hintergrund dieser Auseinandersetzung?

Schon früh in der Diskussion forderten kritische Stimmen, die Ausbildung sei komplett neu zu überdenken. Die alte Verordnung von 2007 teilte den Beruf in einen gestalterischen und einen technischen Polygrafen, und eigentlich war dies die richtige Antwort auf die Realitäten der Praxis. Nur konnte jeder Betrieb selbst bestimmen, welche Fachrichtung er ausbildete, egal, ob er genügend praktische Gestaltungsaufträge hatte oder nicht. Ich habe über Jahre typografische Gestaltung bei den PolygrafInnen unterrichtet. Wir KritikerInnen hatten stets gewarnt, dass leider nur sehr wenige Betriebe in typografischer Gestaltung ausbilden können, weil die dazu nötigen Aufträge einfach nicht vorhanden sind. Es folgte ein Desaster.

Schon in den ersten Abschlussprüfungen stellte man fest, dass es bezüglich der gestalterischen Kompetenzen zwischen beiden Fachrichtungen kaum Unterschiede gab. Auch in der beruflichen Weiterbildung, z. B. bei den Typografischen GestalterInnen, waren zwischen den Absolventen der beiden Fachrichtungen keine gestalterischen Niveauunterschiede zu erkennen. Dies ist nicht erstaunlich, denn gestalten lernt man nicht mit vereinzelten Übungsarbeiten. Gestalten heisst, sich wöchentlich, täglich mit Gestaltung auseinanderzusetzen. Die Geprellten sind aber die Lernenden.

In der neuen Verordnung wurden nun wieder genau die gleichen Fehlkonstruktionen zugrundegelegt. Im Eilzugtempo haben die Verantwortlichen von Viscom die neue Bildungsverordnung durchgezogen. Auf Kritik wurde nie ernsthaft eingegangen. Eine breit abgestützte Studie von Fritz Maurer zeigte deutlich, wie in der Mehrzahl der Betriebe die Bedingungen aussehen. Obwohl Mitglied von syndicom, wurde er von der Gewerkschaft nie zu einem klärenden Gespräch eingeladen. Beschämend ist, dass die diffamierenden Tiraden gegen ihn und andere stillschweigend toleriert werden – auch von syndicom.

Der Prozess zur Erarbeitung der neuen Verordnung ist mehr als nur bedauerlich. Unmengen Geld wurden verschleudert. Es ist nicht erstaunlich, dass viele engagierte AusbildnerInnen in den Betrieben und Fachinteressierte die Flinte ins Korn werfen. Leider muss ich resigniert zugeben, dass dies auch für mich zutrifft.

Richard Frick, ZHdK

Voller Wortlaut des stark gekürzten Beitrags unter www.syndicom.ch/ausbildungskontroverse.

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