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Neue Ausbildung: Interactive Media Design

Eine kleine Revolution im Bereich visuelle und grafische Künste: In zwei Jahren intensiver Gemeinschaftsarbeit wurde ein neues, aktuelles Berufsbild entwickelt. Die Ausbildung zum/zur MultimediagestalterIn, die in der Romandie seit Ende der 90er-Jahre mit Erfolg angeboten wird, ist zum Interactive Media Design ausgebaut worden. Die ersten Ausbildungsgänge starten im Sommer – auch in der Deutschschweiz. 

 

Schon seit über zehn Jahren existiert in der Romandie eine immer beliebtere Ausbildung zum/zur MultimediagestalterIn mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ). Sie war allerdings nur provisorisch geregelt. In einer Zeit, in der das Web 2.0 regiert, interaktive Apps und soziale Netzwerke boomen, gab es bisher keine Multimediaausbildung mit EFZ, die auf die Publikation von Bildern, Videos und Ton auf Webseiten, Mobiltelefonen, Tablets etc. vorbereitet hätte. Kaum zu glauben. Dies wird ab Sommer anders. Am 16. Januar wurde in Bern der Verein Swiss Interactive Media Design (SIMD) gegründet, der den neuen Lehrgang aktiv begleitet. Beteiligt sind die Gewerkschaften syndicom – vertreten durch Hans Kern – und Syna, die paritätische Berufsbildungsstelle (PBS) und der Arbeitgeberverband der grafischen Industrie, Viscom. Wir sprachen mit Michaela ­Varin, Grafikerin und Vorsteherin Multimediagestaltung an der Eracom (Ecole romande d’arts et communication) in Lausanne, die bei der Entwicklung des EFZ engagiert war.

syndicom: Was macht eine Interactive-Media-Designerin?

Michaela Varin: Interactive-Media-DesignerInnen (IMD) arbeiten mit digitalen Technologien, die Interaktivität ermöglichen. Sie verwenden Grafik- und Bildanwendungen, audiovisuelle Medien, grafische Animationen, Video und 3D, Software – und Sprache. Sie entwickeln Kommunikationsstrategien. Die Ausbildung befasst sich mit Webmedien wie Touchscreens, Tablets, iPhones und Android-Geräten. Während sich der Multimediagestalter noch mit gedruckten Medien (dem «Print») beschäftigte, arbeitet die IMD nur in der papierlosen Welt der digitalen Medien.

Wie entscheidet man sich ­zwischen IMD- oder Grafikausbildung?

Es hängt davon ab, mit welchen Medien man lieber arbeitet. Bei den Aufnahmetests sehen wir, wem die Bereiche Print, grafische Gestaltung, Corporate Design, Branding und Kommunikationskampagnen gefallen und wer sich eher für die interaktiven Medien und für Animation interessiert. Trotzdem arbeiten die beiden Gruppen an der Schule und später in der Praxis häufig zusammen.

Werden die IMD zu kleinen Filmemachern?

Nein! Sie arbeiten zwar an Filmtrailern und Produktpräsentationen. Aber es bleibt ein EFZ. Mit ihrer Ausbildung in Ton, Video und Animation sind sie bei Filmschulen in einer guten Position.

Was für Firmen würden ihre Lernenden zu Ihnen schicken?

Filmproduktionsunternehmen, Webagenturen, Kommunikationsagenturen, wir arbeiten auch eng mit Radio und Fernsehen zusammen. Verschiedene Praktikumsbetriebe nehmen bereits heute unsere Multimediagestaltungs-SchülerInnen auf und könnten auch IMD-Lehren anbieten.

Weshalb wurde eine englische Berufsbezeichnung gewählt?

Es war auch wichtig, dass der Begriff «Designer» im Namen vorkommt. Denn es ist kein technisch-manueller, sondern ein kopflastiger Beruf, verbunden mit Nachdenken, Analysieren, Entwickeln von Vorschlägen, Gewichten von Informationen, Formulieren von Inhalt und Informationen.

Die künftige Ausbildung an der höheren Fachschule wird «DiplomierteR DesignerIn HF Visuelle Kommunikation» heis­sen. Nach dem EFZ als IMD kann man mit dieser zweijährigen höheren Ausbildung weitermachen.

Werden sich also die meisten nach dem EFZ noch spezialisieren?

Ja. Sie gehen anschliessend in Richtung Film, Animation oder Web. Entweder wählen sie eine technische oder eine gestalterische Richtung. Auch diejenigen, die sofort zu arbeiten beginnen, wählen ein auf einen bestimmten Bereich spezialisiertes Unternehmen.

Ist der Markt nicht gesättigt?

Das ist schwierig zu sagen. Aber die Nachfrage nach ausgebildeten Personen in diesem Tätigkeitsbereich ist gross. Im Moment ist es auf jeden Fall ziemlich einfach, eine Stelle zu finden. Andere studieren weiter …

Läuft der Berufseinstieg vor allem über Praktika?

Wir stellen eher fest, dass die Absolventen entweder eine feste Stelle finden oder sich selbständig machen. Praktika sind eher bei den GrafikerInnen anzutreffen. Dank den Praktika während der Ausbildung kann ein berufliches Netzwerk aufgebaut werden, das hilft, nach Erlangung des EFZ eine Stelle zu finden.

Wie hoch etwa sind die Löhne nach Abschluss dieser Ausbildung?

Mindestlöhne gibt es derzeit noch nicht. Die Bandbreite startet bei den Praktikumslöhnen. Sobald aber eine Spezialisierung erreicht wurde, ist die Nachfrage grösser als das Angebot. Man muss sich also keine gros­sen Sorgen machen.

In der Deutschschweiz ist diese Ausbildung vollkommen neu.

Ja. Sie wird ab Sommer 2014 erstmals in Basel, St. Gallen und Bern angeboten, aber nur im ­dualen System. In einem Jahr wird sicher auch Zürich nachziehen, im Moment liegt noch kein Entscheid vor. Mit der Deutschschweiz erhält die Ausbildung eine nationale Dimension und eine breitere Anerkennung. Das gibt uns auch die Möglichkeit, die Auseinandersetzung mit zwei sehr dynamischen Bereichen stärker in den Vordergrund zu stellen: zum einen die Gestaltung rund um Weboberflächen, Apps und Digital Publishing, zum anderen das Audiovisuelle, für das heute nur diese Grundausbildung existiert, obwohl es sonst in der Schweiz eine ziemlich breite Palette von Möglichkeiten für die höhere Berufsbildung gibt, insbesondere auf Stufe Fachhochschule. Es ist wichtig, dass wir mit der neuen Berufsbildungs-Verordnung und dem Verein eine gute Basis haben. Die Web-Branche ist jung und es herrscht ein ziemlicher Wildwuchs mit kleinen, ständig wechselnden Unternehmen ohne Ausbildungskultur.

* Regionalsekretärin Sektor Medien

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