Artikel

Neues als Chance verstehen

Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt grundlegend verändern – auch zum Guten. Die Gewerkschaften müssen dabei eine wichtige Rolle spielen. 

 

Die Schweiz ist nicht eins zu eins mit den USA vergleichbar, und manche der von Erik Brynjolfsson geäusserten Bedenken können auch als Chance begriffen werden. Und zwar — aller Globalisierung zum Trotz — gerade in Europa, wo die Gesellschaft noch weniger zwischen Arm und Reich zweigeteilt ist als in anderen Teilen der Welt. Nicht zuletzt deshalb werden bei uns die Meinungen der einzelnen Individuen und die demokratischen Grundwerte immer noch etwas stärker gewichtet als die wirtschaftsliberalen Glaubenssätze, die das Denken der letzten Jahre zunehmend bestimmt (und vernebelt) haben.

Kurz: In der «alten Welt» regiert der Kapitalismus noch nicht ganz so abgehoben und darum hat auch die Mitsprache der Betroffenen hier bessere Chancen als anderswo. Es ist aber genau diese Mitsprache, die vernetzte Denkstrukturen ermöglicht, und ebendiese wird es in Zukunft vermehrt brauchen. Wenn die Digitalisierung der globalen Wirtschaft auch die Gesellschaft umkrempelt, dann wird das bisherige «Von-oben-nach-unten» durch vernetzte Systeme ersetzt.

Arbeitszeit statt Stellen abbauen
Wir kennen das aus den sozialen Medien: An Stelle des hierarchischen Denkens und Handelns tritt mehr und mehr die sogenannte «Schwarmintelligenz». Als Beispiel: Wer via Facebook, Twitter oder eine ähnliche Plattform eine Frage stellt, erhält in kürzester Zeit Antworten aus aller Welt — von der ­Community. Ebenso käme heute niemand mehr auf die Idee, die Bedeutung von Wikipedia.org kleinzureden. So wie dort Wissen weitgehend ohne hierarchische Machtstrukturen gesammelt und vermittelt wird, kann in Zukunft auch die Arbeitswelt gemeinsam neu gedacht und organisiert werden.

Es sind vor allem die Gewerkschaften, die Erfahrung darin haben, Gemeinschaften zu bilden, Diskussionen zu fördern und solidarische Strukturen aufzubauen. Es ist an uns, aufzuzeigen, wie die Arbeitswelt der Zukunft gestaltet werden kann. Wir müssen durchsetzen, dass die Erleichterungen, die durch die Automatisierung erreicht werden können, zum Vorteil der Menschheit genutzt werden. Ohne diese Verbesserungen macht die Modernisierung keinen Sinn. Das bedeutet auch, durchzusetzen, dass nicht Arbeitsplätze eingespart werden, sondern dass die verbleibende Arbeitszeit auf mehr Köpfe verteilt wird.

Vereinbarkeit statt Entgrenzung
Die 35-Stunden-Woche, einst eine in ganz Europa vertretene Forderung der Gewerkschaften, klingt da nicht mehr utopisch. Und auch die gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie rückt in den Bereich des Wahrscheinlichen. Umso wichtiger wird es, der drohenden Entgrenzung der Arbeit mit nachhaltigen Alternativen zu begegnen. Wenn es gelingt, die solidarischen Strukturen zu stärken, werden nicht nur die Reichen und Mächtigen profitieren, sondern jede und jeder Einzelne von uns.

Die Arbeitnehmenden in der Schweiz und in Europa haben dafür gute Voraussetzungen: Eine gut funktionierende Wirtschaft, demokratische Rechtsstrukturen und ein Bildungswesen, das leicht ausgebaut und verbessert werden könnte.

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden