Artikel

Planungssystem fällt durch

Seit dem 1. April wird bei PostFinance die Arbeitszeit der Call-AgentInnen mit einem neuen System geplant. Aufgrund zahlreicher negativer Rückmeldungen von betroffenen Mitgliedern hat syndicom im August bei den 480 Angestellten eine Umfrage durchgeführt. Die Auswertung der rund 160 zurückgesandten Umfragebogen zeigt deutlich: PostFinance muss dringend handeln und den Gesundheitsschutz verbessern! 

 

Als die Verantwortlichen von PostFinance vor 7 Monaten das neue Planungssystem für die Arbeitszeiten in den Kontaktcentern einführten, haben sie dies mit vielen schönen Worten begleitet: Das System biete den Mitarbeitenden einen flexiblen Spielraum bei der Mitsprache ihrer Arbeitszeit; es sei gerecht und werde alle Arbeitszeitwünsche gleich behandeln. Auch die Bedürfnisse von Mitarbeitenden mit eingeschränkter Verfügbarkeit würden speziell berücksichtigt. In der Realität merkten aber die betroffenen Angestellten sehr schnell, dass mit dem neuen Regime ihre Arbeitszeit total flexibilisiert und für jeden Wochentag neue, völlig verschiedene Einsatzpläne erstellt wurden.

syndicom fragte nach

Die täglich wechselnden Arbeitszeiten und auch die sogenannte Rückwärtsrotation setzen vielen Call-AgentInnen zu. Bei syndicom häuften sich die Klagen über das neue System. Aus Sicht der Arbeitsmedizin ist beispielsweise die Rückwärtsrotation – im Fall der Call-AgentInnen: Arbeitsbeginn heute um 7.30 Uhr, wenn der Einsatz gestern erst um 10.30 Uhr anfing – problematisch und gesundheitsschädigend. Mit einer breit angelegten Umfrage wollte syndicom wissen, wie die Angestellten die Auswirkungen des Systemwechsels selbst beurteilen. Der Umfragebogen umfasste zehn Aspekte des neuen Planungssystems, etwa Diensteinteilung und Arbeitsbelastung insgesamt. Neun positive bzw. zufriedene Aussagen konnten in einer sechsstufigen Skala von «stimme voll zu» bis «stimme gar nicht zu» beurteilt werden. Die zehnte Frage ermittelte, was die Beschäftigten bevorzugen würden, wenn sie wählen könnten: hohe Mitsprachemöglichkeiten bei der Diensteinteilung oder regelmässige Diensteinteilungen. Die Befragten gaben zudem an, ob sie im Kontaktcenter Tagesdienst (Betriebszeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr) oder im Kontaktcenter 7x24 (Betrieb rund um die Uhr) arbeiten. Auch Angaben zum Alter konnten die KollegInnen machen.

Grosser Rücklauf und klares Urteil

«Ich war positiv überrascht über die vielen vollständig und sorgfältig ausgefüllten Fragebogen, die bei uns aus der ganzen Schweiz eingetroffen sind. Das gibt uns eine gute Basis für eine aussagekräftige Analyse der Situation in den Kontaktcentern», kommentiert syndicom-Zentralsekretärin Sonja Oesch das erfreulichste Ergebnis der Umfrage. Rund ein Drittel der 480 betroffenen Angestellten haben der Gewerkschaft eine Rückmeldung gegeben. Das Thema brennt also auf den Nägeln. Bei der Auswertung der Detailresultate ergibt sich für Oesch ein klares Bild. Sechs positiven Bewertungen kann die deutliche Mehrheit «gar nicht», «grösstenteils nicht» oder «eher nicht» zustimmen. Interessant ist auch, dass die meisten eine regelmäs­sige Diensteinteilung (z. B. wöchentlicher Rhythmus) bevorzugen würde, wenn sie frei wählen könnten. «Der Dienstplan wird immer viel zu kurzfristig erstellt. Vielfach erst drei Wochen vorher», kritisierte zudem eine Umfrage-Teilnehmerin. Und ein weiterer Kommentar: «Arbeite 50 Prozent, werde jedoch 8½ Stunden am Wochenende eingesetzt. Zeit mit der Familie geht somit am Weekend nicht.» ­Sonja Oesch bilanziert: «Die Unzufriedenheit über das neue Planungssystem ist sehr hoch. Einzelne Werte sind extrem negativ. Vor allem bei den Aussagen, die zum Bereich des Gesundheitsschutzes zählen, läuten bei syndicom alle Alarmglocken. Hier herrscht ganz dringender Handlungsbedarf.»

Bedürfnisse differenziert analysieren

Dank den Angaben über Alter und Einsatzbereich ist es syndicom möglich, die Aussagen für die verschiedenen Gruppen zu differenzieren. Es fällt auf, dass die Werte der Call-AgentInnen im Kontaktcenter Tagesdienst bedeutend negativer sind als die Werte im Kontaktcenter 7x24: Bei den Tagdienst-Arbeitenden sind die Bewertungen der Aussagen zu den täglich wechselnden Einsatzzeiten, zum Wohlbefinden, zur Work-Life-Balance, zur Kontaktpflege (Familie, Freunde) und zur Arbeitsbelastung absolut verheerend. Die positivere Beurteilung im Kontaktcenter 7x24 könnte daran liegen, dass diese Personengruppe von vorherein extreme Formen der Flexibilisierung hinnehmen muss. Aber auch hier erzielte keine einzige Positivaussage eine zustimmende Mehrheit.

syndicom hat PostFinance schriftlich über die Ergebnissen der Umfrage informiert und ein Gespräch verlangt. syndicom wird dabei eine umgehende Verbesserung der Situation fordern. Zudem erwartet syndicom von PostFinance, dass der Wunsch der Mehrheit der Befragten nach einer regelmässigen Diensteinteilung – wie beispielsweise ein wöchentlicher Rhythmus – ernst genommen wird.

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden