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Private Frühzustellung wird zum Monopol der Post

Die Frühzustellung von Abonnementszeitungen erledigen heute zu einem grossen Teil die Post-Töchter Presto und Epsilon. Selbst regionale Vertriebs­organisationen kommen ohne die Post nicht aus. Diese profitierte vom Struktur­wandel bei den Printmedien. 

 

Schritt für Schritt avancierte die Schweizerische Post zur Marktleaderin bei der Frühzustellung von Tages- und Sonntagszeitungen. Das Geschäft begann in den 90er-Jahren mit Beteiligungen und Kooperationen. Im März 2008 stellte die Post für die Frühzustellung der Tageszeitung «Blick» im Grossraum Zürich eine eigene Organisation auf die Beine. Im gleichen Jahr übernahm sie die Presse-Vertriebs AG, Prevag, Basel. 2009 erfolgte der Durchbruch: Die NZZ-Gruppe und Tamedia beschlossen, ihre wenig rentablen Zustellunternehmen zusammenzulegen und an die Post zu verkaufen.

Es war die Geburtsstunde der neuen Presse-Vertriebs AG Presto. So schluckte die Post regionale Verteilorganisationen wie Zuvo in Zürich und Bevo in Bern. Die Wettbewerbskommission genehmigte den Zusammenschluss unter der Bedingung, dass sich die Verlage nicht an der neuen Gesellschaft beteiligen dürfen. 10 000 Angestellte wurden durch die Fusion in die neue Post-Konzerngesellschaft integriert. Presto harmonisierte zusammen mit den Sozialpartnern die Anstellungsbedingungen und unterzeichnete einen GAV, der auf 1. März 2010 in Kraft trat und auf 1. Februar 2014 erneuert wurde.

Früheinsatz gilt nicht als Nachtarbeit

Obwohl die Verträgerinnen und Verträger jetzt beim Gelben Riesen im Lohn stehen, bleiben sie punkto Arbeitsbedingungen das schwächste Glied in der Wertschöpfungskette der Printmedien. Der im GAV vereinbarte Mindestlohn inklusive 13. Monatslohn beträgt 17.50 Franken. Für die Früheinsätze werktags zahlt Presto einen Zuschlag von 10, sonntags von 50 Prozent. Arbeitseinsätze ab 5 Uhr gelten nicht als Nachtarbeit. Wer nicht schnell genug arbeitet, straft sich selbst: «Der berechnete Zeitaufwand für die Tour muss mindestens der dafür benötigten Dauer eines durchschnittlich schnellen Mitarbeitenden entsprechen», so der Wortlaut im GAV.

Die Frühzustellung bleibt ein Nebenerwerb. Die Jobs sind weder existenzsichernd noch heiss begehrt, denn es werden laufend Leute gesucht. In den meisten Zustellregionen gibt es Vakanzen. Mediensprecher Bernhard Bürki bezeichnet die Fluktuationsrate als «branchenüblich». Die Stellen auf der Internetplattform würden «auf Vorrat» ausgeschrieben, zum Beispiel auch für Aushilfen während der Ferienzeit. «Nur selten wird diese Tätigkeit ein Arbeitsleben lang ausgeführt.» Immerhin brachte der GAV den Presto-Angestellten einen einheitlichen Mindestlohn, neue Sicherheiten und die Aufnahme in die Konzern-Pensionskasse. Andere Verträgerinnen und Verträger ohne GAV sind schlechter gestellt, zum Beispiel jene bei der Post-Tochter Epsilon in der Romandie.

Die Post ist Vertragspartnerin der grossen Verlagshäuser. Presto stellt nach eigenen Angaben jährlich 280 Millionen Tageszeitungen und 18 Millionen Sonntagszeitungen zu – eine enorme Leistung. Selbst jene Verlage, die noch ein eigenes Frühzustellungsnetz betreiben, kommen ohne Post nicht aus: An der Schaffhauser Zustellorganisation Schazo AG ist die Post mit 50 Prozent beteiligt, an der Südostschweiz Pressevertrieb AG, SOPV, mit 35 und an der AZ Vertriebs AG der «Aargauer Zeitung» mit 25 Prozent. Diese Beteiligungen seien sinnvoll, um das Leistungsversprechen auch in diesen Gebieten garantieren zu können, hält die Post fest. Nur im Wallis und Tessin zum Beispiel konnte die Post bisher bei der Frühzustellung nicht Fuss fassen.

mehr Lohn bei Pressevertrieb Südostschweiz?

Die verlagseigenen Zustellbetriebe sind nicht a priori schlechtere Arbeitgeber. «Unsere Arbeitsbedingungen sind auf jeden Fall besser», betont Hanspeter Lebrument, der Präsident des Verbandes Schweizer Medien, auf Anfrage. Gegenüber dem Onlineportal «Persönlich» hatte Lebrument die Besserstellung bei den Löhnen auf 25 bis 30 Prozent beziffert. Diese Differenz konnte und wollte Lebrument jedoch nicht bestätigen. «Wir müssen die Rahmenbedingungen genau anschauen.» Am eigenen Verteilnetz will Lebrument wegen der geringeren Overhead-Kosten festhalten.

Offizielle Zahlen gibt es nicht

Es sind laut Studien die abonnierten Zeitungen, welche immer noch die grösste Informationsleistung im Politikbereich erbringen. Und genau diese sind von der indirekten Presseförderung ausgenommen: bei der Frühzustellung gilt der freie Wettbewerb.

Ob die Konkurrenz hier aber noch spielt, darf bezweifelt werden. Offizielle Geschäftszahlen der Konzerngesellschaften gibt es nicht. Weder das Bundesamt für Kommunikation noch die eidgenössische Postkommission Postcom haben Einblick in diese Wettbewerbsdienstleistung.

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