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Protest-Zvieri auf dem Bundesplatz

Das Jubiläum des Frauenstreiktags am 14. Juni nehmen wir zum Anlass für ein Gespräch mit Patrizia Mordini, seit Anfang März Leiterin Gleichstellung und Mitglied der Geschäftsleitung bei syndicom. 

 

syndicom: Patrizia, was bedeutet dir persönlich der 14. Juni?

Patrizia Mordini: Ich kann mich noch sehr gut an den 14. Juni 1991 erinnern, als eine halbe Million Schweizer Frauen während eines Tages die Arbeit niederlegten. Zu dieser Zeit besuchte ich die Wirtschaftsmittelschule Bern. Wir hätten einen wichtigen Aufsatz schreiben sollen. Doch gemeinsam mit einigen Klassenkameradinnen haben wir stattdessen auf dem Bundesplatz demonstriert und gestreikt. Die Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat und die mediale Kampagne gegen sie waren ein Affront. Der Bundesrat war 1991 ja ein reines Männergremium.

Da hat sich inzwischen einiges getan. Dass wir gemeinsam mit so vielen Frauen etwas bewegen konnten und dass am Ende doch noch eine Frau in den Bundesrat gewählt wurde, war für mich ein starkes Zeichen. Bald darauf bin ich als 20-Jährige «erleichtert eingebürgert» worden und habe sogleich von meinem Stimm- und Wahlrecht Gebrauch gemacht.

 

Was hat dich politisiert?

Geboren und aufgewachsen bin ich in Burgdorf, wo mein Vater als Schlosser arbeitete. Er war Mitglied beim Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverband (Smuv), über dessen Zeitung ich die Welt der Gewerkschaften kennenlernte. Mein Vater stammt aus Italien, meine Mutter aus Österreich, sie war im Service tätig. Im Verlauf meines Psychologie-Studiums an der Uni Bern, das ich unter anderem als Kassiererin bei der Migros und Callcenter-Angestellte selbst finanzierte, habe ich mich zunehmend politisch engagiert: Zunächst in der Exekutive der Studierendenschaft der Universität Bern im Ressort Frauen und später als Co-Präsidentin der Gleichstellungskommission beim Verband der Schweizer Studierendenschaften.

Danach folgten mehrere Jahre als Frauenvertreterin im Vorstand des Gewerkschaftsbundes Stadt Bern und seit einigen Jahren bin ich Stadträtin für die SP in Bern. Nach drei Jahren im Gendermanagement der SBB freue ich mich nun, mich für syndicom als Leiterin Gleichstellung und Mitglied der Geschäftsleitung einzusetzen.

Welche Aktionen plant syndicom am 14. Juni?

Wir besuchen die Frauen in ausgewählten Betrieben und nehmen an den Protestpausen in verschiedenen Städten und Regionen teil. Zusammen mit dem SGB rufen wir die Frauen in der ganzen Schweiz zu verlängerten Mittagspausen auf. Es gibt ja einen Gesetzesentwurf, der die Arbeitgeber zur Überprüfung ihrer Löhne verpflichtet. Doch die Politik zaudert, und die Arbeitgeber laufen Sturm gegen die geplanten Lohnkontrollen. Unsere Aktionen werden auf der Facebook-Seite «Achtung, fertig, Frauen los!» angekündigt und man kann sich auch direkt bei mir melden.

Wo möchtest du in Zukunft Schwerpunkte setzen?

Die Gleichstellungsarbeit wird noch wichtiger. Die aktuelle Zusammensetzung im Parlament gefährdet sowohl bereits Erreichtes als auch noch Anzustrebendes. Bereits ist die parlamentarische Initiative für zwei Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub im April vom Nationalrat abgelehnt worden.

Wir wollen mit jüngeren potenziellen Mitgliedern, Frauen und mit Migrantinnen und Migranten in unseren Branchen gezielt das Gespräch suchen. Wir müssen ihre Bedürfnisse und ­Ideen noch besser abholen, um sie in unserer Gewerkschaftsarbeit bestmöglich vertreten zu können.

Denn wirtschaftliche Veränderungen wie die Digitalisierung werden gerade auch unsere Interessengruppen betreffen.

 

Bild: Patrizia Mordini, © Nina Scheu

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