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Ränkespiele um den Medien-GAV

Das Abstimmungsergebnis liess an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig: Ohne Nein-Stimmen votierten die Mitglieder des Verlegerverbandes bei nur drei Enthaltungen dafür, dass nun endlich Verhandlungen für einen Gesamtarbeitsvertrag aufgenommen werden. Nach einem Jahr Verzögerungstaktik der Verbandsspitze ist es bis zur Unterschrift aber noch weit. 

 

Zwölf Jahre vertragsloser Zustand und zwölf Monate Versteckspiel des Verlegerverbandes, der auch auf eingeschriebene Briefe nicht oder erst mit monatelanger Verzögerung antwortete. Und dann, nach erneutem Hin und Her, ob das Traktandum überhaupt auf die Tagesordnung der Generalversammlung gehöre, endlich das deutliche Abstimmungsresultat. Ein Jahr nachdem die Mitglieder von «Schweizer Medien» die Vorbereitung von GAV-Verhandlungen gegen den Widerstand des Präsidiums in ihren Jahreszielen verankert hatten, sagte die grosse Mehrheit der Verleger am 22. September: Fertig mit der Verzögerungstaktik!

syndicom als Verhandlungs-partnerin bestätigt

Der so überrumpelte Verbandsvorstand knüpft die geforderten Verhandlungen allerdings noch an einen Austritt des Journalistenverbandes Impressum, der seit langem assoziiertes Mitglied des Verlegerverbands ist. Hingegen bestätigte der zurücktretende Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument auf Nachfrage, dass selbstverständlich auch syndicom am Verhandlungstisch sitzen werde, man habe schliesslich auch bei Sozialplänen immer mit beiden Arbeitnehmervertretungen verhandelt. Ob der GAV nun auch für das Tessin verhandelt werde, wollte er aber nicht bestätigen. Das habe «Stampa Svizzera» autonom zu entscheiden.

Schwaches Diskussionspapier

Es lohnt sich kaum, Zeit und Zeilen mit dem ersten Diskussionspapier zu vergeuden, das dem Verlegerpräsidium als Verhandlungsbasis vorschwebt. Es sind leere Buchstaben, die kaum mehr versprechen, als das Arbeitsrecht verlangt, und Standards setzen, die selbst in heruntergekommenen Redaktionen noch eingehalten werden. Folgerichtig war sein Inhalt an der GV auch kein Thema.

Statt nach diesem Muster bloss Wunschformulierungen zu Papier zu bringen, haben Impressum und syndicom in den letzten Monaten die Forderungen der Medienschaffenden mit einer Umfrage zusammengetragen (Mediengav.ch). Sie werden die Grundlage unserer Verhandlungsvorlage bilden. Auf beiden Seiten müssen jetzt aber zuerst die Delegationen bestimmt und ein Verhandlungsfahrplan vereinbart werden. Man wird damit rechnen müssen, dass «Schweizer Medien» weiterhin versucht, den Verhandlungsbeginn hinauszuschieben.

Schnelldurchlauf mit Stolpersteinen

Der 22. September im KKL markierte Hanspeter Lebruments letzte Verbandssitzung als Präsident. Der gern hemdsärmelig auftretende Herr über das Bündner Lokalimperium Somedia übergab das Zepter anlässlich der Generalversammlung an Pietro Supino von Tamedia. Der frühere Glanz des Verlegerkongresses, der in vergangenen Jahren jeweils im noblen Grandhotel Victoria-Jungfrau von Interlaken stattgefunden hatte, drohte im nüchternen Luzerner Sitzungszimmer nun gänzlich zu verblassen. Die Traktanden wurden durchgepeitscht, als sitze man in der Jahresversammlung eines Kaninchenzüchtervereins, wo Diskussionen weder erwünscht noch nötig sind.

Nur zwei Mal geriet der Fluss ins Stocken: Kaspar Surber, Redaktor der WOZ, kandidierte für einen Sitz im Präsidium des Altherrenclubs und erläuterte in einer kurzen, klugen Bewerbungsrede, warum es «Schweizer Medien» guttäte, ihn an Deck des schlingernden Dampfers zu holen. Doch Surber hatte aufgrund der nach Konzerngrösse verteilten Stimmen, von denen über 50% im Präsidium vereint sind, keine Chance. Lustige Beobachtung am Rande: In der Pause gratulierte selbst die Gattin des scheidenden Präsidenten dem WOZ-Redaktor und wagte die Bemerkung, dass die Zeit vielleicht einfach noch ein wenig zu früh für diesen – sonst sicherlich interessanten – Zulauf gewesen sei.

Der zweite Stolperstein kam von Corina Maria Gammeter (Gammeter Druck und Verlag St. Moritz), die unter dem Trak­tan­dum «Diverses» nachfragte, wer entschieden habe, die Beiträge an den Presserat zu sistieren. Die Antwort fiel so kurz und mürrisch wie überraschend aus: Man zahle ja jetzt weiter, knurrte Lebrument die Sensation in den Saal. Später erfuhr man, dass er zusammen mit Pietro Supino und Markus Somm bei der Abstimmung des Präsidiums unterlegen war.

Kaspar Surbers Rede und weitere Berichte von der Verleger-GV: syndicom.ch

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