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Razzia statt Recht

 

Am 13. August wurde die Wohnung von Ludovic Rocchi, Redaktor beim Westschweizer «Le Matin», von Polizisten durchsucht, sein Computer beschlagnahmt. syndicom protestierte gegen diesen Angriff auf die Pressefreiheit, der nur zum Ziel haben kann, den Recherche-Journalisten und seine InformantInnen einzuschüchtern. Wir baten Rocchi um seine Einschätzung der Geschehnisse:

Wie haben Sie die Durchsuchung erlebt?

So etwas kann man nur negativ erleben. Obwohl man als Recherche-Journalist mit Klagen rechnen muss. Dass wir angegriffen werden, ist normal. Aber es ist inakzeptabel und hat mich getroffen, dass meine Frau mit hineingezogen wurde. Dass man sie befragt hat, ohne sie über ihre Rechte zu informieren, dass man unsere Wohnung von oben bis unten durchsucht hat, bis hin zu den Wäscheschubladen. Das ist erbärmlich und rücksichtslos.

Etwas habe ich gelernt. In Zukunft werde ich systematisch Sicherheitsmassnahmen zum Schutz meiner Informationsquellen treffen.

Sind Sie besorgt um die Pressefreiheit oder glauben Sie, es handelt sich um einen Einzelfall?

Das ist schwierig zu beurteilen. Werden andere Staatsanwälte in der Schweiz das zum Vorbild nehmen? Man muss abwarten, wer vor Gericht gewinnen wird. Gewinnen wir, wird dies ein Zeichen für den in der Verfassung festgeschriebenen Schutz der Informationsquellen sein. Auf persönlicher Ebene ist der Schaden geschehen. Aber in Bezug auf die Grundsätze haben wir noch Hoffnung, dass sie wieder zurechtgerückt werden.

Was steckt hinter der Geschichte?

Wenn ich es mir jetzt in Ruhe überlege, sehe ich zwei Dinge. Der Staatsanwalt hat es ja mit einer Standardklage ohne drückende Beweise zu tun. Ich finde es unglaublich, wie rasch und leicht er sich überzeugen liess, ich hätte Amtsgeheimnisse verraten. Und wie problemlos ein Neuenburger Professor mit zu seiner Verteidigung ausgetüftelten Winkelzügen durchkommt, obwohl die Ergebnisse der Administrativuntersuchung noch nicht vorliegen.

Das Zweite sind die Aussagen seines Anwalts und verschiedener Neuenburger Politiker in der Presse, wonach im Kanton zu viele Informationen durchgesickert seien. Es sollte also ein Exempel statuiert werden. An mir sicher deshalb, weil ich schon zahlreiche Affären ans Licht gebracht habe. Man versucht, den Leuten Angst einzujagen, damit sie nicht mehr mit der Presse sprechen!

Interview: Patricia Alcaraz

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