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Rentable Filiale soll dicht machen:Ein Quartier demonstriert für seine Post

Der postalische Kahlschlag in den ländlichen Gebieten ist schon zur ungesunden Routine geworden. Doch auch in den Städten gibt es Schliessungen: Es sind weitaus weniger, und zumeist gehen sie still, ohne Widerstand, über die Bühne. Im August war in Zürich die traditionsträchtige Fraumünsterpost an der Reihe, nun ist die Post Aussersihl am Helvatiaplatz bedroht. Am 8. Oktober ging die Quartierbevölkerung für ihre Postfiliale auf die Strasse, syndicom war dabei. 

 

syndicom hat sich am Protest gegen die Poststellenschliessung in Zürich Aussersihl beteiligt. Das Engagement der Bevölkerung war enorm. Am 8. Oktober, einem nebligen und herbstlich-kühlen Samstag, wurde auf dem Helvetiaplatz für die Erhaltung der Poststelle Aussersihl demonstriert. Quartierverein und Gewerbeverband, Parteien von links bis rechts haben die Demo unterstützt. Über 250 Personen haben daran teilgenommen. Auch eine Petition mit der gleichen Forderung wurde in Umlauf gebracht.

Bevölkerung und Gewerbe wollen die Post in der Nähe

Denn was sie an ihren Poststellen haben, ist den Kundinnen und Kunden der Post sehr bewusst. Für Helen Schaufelberger, die in der Nachbarschaft wohnt, ist der Fall klar: «Die Schliessung der Post wäre eine Katastrophe. Als Kundin bin ich auf eine Post in der Nähe angewiesen.» Und auch das lokale Gewerbe wehrt sich mit Händen und Füssen gegen eine Schliessung: «Würde die Poststelle Aussersihl schlies­sen, wären alle Geschäfte im Quartier negativ davon betroffen», meint Andrea W. Müller von der benachbarten Papeterie: «Die Qualität des Standortes Aussersihl würde massiv abgewertet.»

Klartext redet auch Feo A. ­Bugno, Präsident des Gewerbevereins Zürich 4. Er regt sich auf, dass die Post sich «kaltblütig» über die Bedürfnisse eines ganzen Quartieres hinwegsetze, welches mit 11 000 Einwohnern einer Kleinstadt gleichkommt: «Und das nur, um die Rendite zu steigern. Dieses Urteil scheint von Leuten gefällt worden zu sein, welche keine blasse Ahnung von diesem Quartier haben.»

Die Post rechtfertigt die Schliessung von Filialen stets damit, dass sie ja mit den Agenturen weiterhin gewisse Dienstleistungen anbietet. Diese Post­agenturen werden jeweils in einem bereits bestehenden Ladenlokal einquartiert. Viele Dienstleistungen – wie Einzahlungen oder das Abholen von taxpflichtigen Paketen – sind dort aber nicht mehr möglich.

Mit Dumping gegen die eigene Belegschaft

Aus gewerkschaftlicher Sicht gibt es einen weiteren grossen Haken: Die postalischen Dienstleistungen werden neu von Personen erbracht, die nicht dem GAV unterstellt sind und regelmässig weniger verdienen. Die Post setzt also Lohndumping gegen ihre eigene Belegschaft ein. An der Tagung von Poststellen und Verkauf vom 18. September war deshalb eine der Forderungen: Post-Dienstleistungen müssen auch mit Post-Löhnen bezahlt werden. Die Auslagerung in Agenturen wird dann automatisch weniger profitabel.

Drohen Kündigungen?

Hoffentlich zeigt der Protest in Aussersihl und anderswo Wirkung. Denn auch der Umgang mit dem Personal hat gelitten: Während es lange selbstverständlich war, dass der betroffenen Belegschaft Stellen in einer anderen Filiale angeboten wurde, drohen nun Kündigungen. Insbesondere für KollegInnen, die die Monopollehre gemacht und ihre Karriere voll auf die Post ausgerichtet haben, ist dies bedrohlich. An der September-Tagung erzählte ein Kollege, wie sein Lehrmeister ihm einst einbleute: «Wenn du zur Post kommst, erwarten wir, dass du hier auch bleibst.» Das war nicht nur eine Erwartung, sondern auch ein Versprechen seitens der Post, dass man zu den Angestellten Sorge trägt.

Die Belegschaft ist beunruhigt über die verschärfte Gangart der Post. Mit syndicom fordert sie die Post auf, die Weiterentwicklung von Poststellen und Verkauf ernsthaft mit den Sozial­partnern zu diskutieren. Im Gegensatz zum letzten Versuch muss die Post allerdings darauf verzichten, die Reform als reines Mittel für die Lohnsenkung zu missbrauchen!

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