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«Rote Linie überschritten»

Am 24. März stimmten die Delegierten des SGB der Vorlage «Altersvorsorge 2020» zu. Kurz danach kündigte ein Referendumskomitee Widerstand an: Vor allem gegen die Erhöhung des Frauen­renten­alters auf 65. 

 

Den harten Kern des Referen­dums­komitees («Nein zur Erhöhung des Rentenalters, Nein zu Rentenkürzungen!») bilden Westschweizer Gewerkschaftskreise. Die beiden gros­sen Dachorganisationen der Kantone Waadt (USV) und Genf (CGAS) führen die Bewegung an. Verschiedene Sektionen des VPOD – Tessin, Waadt und mehrere Deutschschweizer Sektionen – sind dem Komitee beigetreten oder dürften dies noch tun.

Am 25. März hat sich auch die Genfer Sektion von syndicom für das Referen­dum ausgesprochen. Es wird zudem von der Partei der Arbeit, der Partei SolidaritéS und der Rentnerorganisation Avivo unterstützt. Auch einzelne Juso-Sektionen rufen zum Widerstand auf.

Schlecht für rentner, Frauen und Arbeitnehmende

«Wir müssen die Grundwerte des Gewerkschaftskampfes verteidigen», sagt Manuela Cattani, Generalsekretärin der Gewerkschaft SIT und Präsidentin der CGAS. «Diese Reform ist keine gute Reform, weder für die Rentner noch für die Frauen oder die Arbeitnehmenden.» Die Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 64 auf 65 Jahre bedeute, sie für einen Teil dieser Reform zahlen zu lassen. «Dabei leisten sie zwei Drittel der unbezahlten Arbeit und ihre Renten sind bereits 37% tiefer», stellt Catherine Friedli vom VPOD Freiburg fest.

Zweiter Mangel: Die heutigen Rentner – 2,3 Millionen, die ebenfalls Unterstützung bräuchten – würden vergessen. Bei Jahr für Jahr fast automatisch ansteigenden Krankenkassenprämien wird ihre Kaufkraft schrumpfen, ebenso wie diejenige der Arbeitnehmenden, deren Kaufkraft wegen der steigenden Mehrwertsteuer schwinden wird.

Ausserdem: «Es ist unverständlich, wie man einer Erhöhung des Rentenalters der Frauen zustimmen kann, wenn man sieht, wie 55-jährige Arbeitnehmende schonungslos entlassen werden», sagt VPOD-Generalsekretärin Michela Bovolenta.

Für Valérie Borloz, Generalsekretärin der USV, ist die AV2020 nichts anderes als eine Aktion zur Rettung der zweiten Säule – über eine Senkung des Umwandlungssatzes – auf dem Rücken der Frauen und der künftigen Rentner: «Die Versicherer werden nicht in die Pflicht genommen.»

Die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8% auf 6% bedeutet, dass die Rente im Durchschnitt pro Monat um 400 Franken geringer ausfällt. Dies werde durch die 70 Franken mehr AHV nicht wettgemacht. Diese jährliche Erhöhung um 840 Franken kompensiert die Einbusse aus dem höheren Rentenalter (24 000 Franken) nur für Rentnerinnen ab 94 Jahre.

Keinen vorschnellen Kompromiss eingehen

Die Referendumsführer haben nun 100 Tage Zeit, um die 50 000 Unterschriften für eine Volksabstimmung zu sammeln, obwohl die Reform so oder so an die Urne kommt: Wegen der Anhebung der Mehrwertsteuer, die dem obligatorischen Referen­dum unterliegt. Die Mitglieder des Referendumskomitees sind aber der Meinung, dass die zentrale Frage des Rentenalters der Frauen als solche separat zur Abstimmung gelangen soll.

Die gewonnene USR-III-Abstimmung zeige, dass die Linke nicht aus einer Position der Schwäche agieren dürfe und keinen vorschnellen Kompromiss eingehen sollte: «Mit dieser Vorlage wurde eine rote Linie überschritten», meint Manuela Cattani.

Wenn dieser Damm breche, erhalten die bürgerlichen Parteien den politischen Raum, um rasch wieder ihre Forderung nach dem Rentenalter 67 zu stellen: «Das haben sie zwei Tage nach der Abstimmung im Parlament bereits angekündigt, während uns die Befürworter dieses Pakets noch versichern, diese Frage dank der AV2020 politisch beantwortet zu haben», sagt die Gewerkschaftssekretärin.

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