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Service public: Angriff und Verteidigung

Die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) setzt sich derzeit mit dem Service public im Informationsbereich auseinander. Im Rahmen einer Anhörung kam jetzt die Politik zu Wort. Die Positionen der Parteien waren enorm gegensätzlich. 

 

Da sich die von der EMEK durchgeführte Analyse an die politischen Kräfte richtet, ist es wichtig, deren Erwartungen und Ideen zu verstehen. In der Anhörung wurde deutlich, wie gross der Klärungsbedarf noch ist.

So muss für die SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher jeder Service public auf das öffentliche Wohl und die Demokratie und nicht auf den wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet sein, während die SVP-Nationalrätin Natalie Rickli darunter nur noch Leistungen verstehen will, die der Staat erbringt, weil die Privatwirtschaft das nicht kann. Diese beiden Positionen bildeten die Extreme, zwischen denen sich die Meinungen der politischen Gäste von SP, SVP, CVP, FDP, Grünen und GLP ansiedelten.

Neben Graf-Litscher hoben auch der grüne Nationalrat Balthasar Glättli und CVP-Nationalrat Martin Candinas die Bedeutung von umfassendem Service public hervor. Glättli äusserte seine Besorgnis angesichts der Medienkonzentration und betonte die Bedeutung des viersprachigen SRG-Angebots, das jedoch dem Wandel unserer Gesellschaft entsprechend kosmopolitischer und multikultureller werden sollte.

Seine Haltung wird durch jene von Martin Candinas ergänzt, der mit seiner Begrüssung in vier Landessprachen klarstellte, dass die Nation aus verschiedenen Kultur- und Sprachgemeinschaften mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten besteht. Er erinnerte an die Agentura da novitads ruman­tschas (ANR), die im Diskurs um die Stützung des Service public zu berücksichtigen sei. Candi­nas trat ein für starkes, steuerlich subventioniertes öffentliches TV und Radio, denn eine Schwächung des heutigen Systems würde zuerst die kleinen Sprachregionen treffen – Graubünden und das Tessin.

Eine ganz andere Meinung vertrat FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, der überzeugt ist, dass Information vorwiegend von Privatunternehmen und nur subsidiär vom Staat aufbereitet werden müsse. Dann gingen Subventionen ausschliesslich an die SRG und keine an Private. Der SRG würde untersagt, via Internet zu informieren, ausser um audiovisuelles Material «für andere» bereitzustellen. Noch weiter geht Natalie Rickli (SVP), die das SRG-Angebot radikal beschneiden würde: die SRG solle sich auf Basis­informationen zu politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Themen beschränken. Sogar beim Sport solle sie sich nur mit Anlässen befassen, an denen die Schweiz teilnimmt oder die hier stattfinden. Auf die Frage, wie sie ihr Informationskonzept ausserhalb der Deutschschweiz umzusetzen gedenke, musste Rickli einräumen, dass sie die Medienwelt der anderen Sprachregionen nicht kennt.

Edith Graf (SP) konterte mit ihrer Sicht, wonach Service public alles umfassen muss, auch Sport und Unterhaltung, um ein Spiegel der Gesellschaft zu sein und möglichst viele zu erreichen. Zum Schluss ergriff GLP-Nationalrat Jürg Grossen das Wort, der die kulturelle und demokratische Bedeutung der Medien anerkennt, sich aber gegen die Beibehaltung der jetzigen Service-public-Struktur ausspricht.

Letztlich wurde klar, dass die PolitikerInnen Medienpolitik fürs Parteibuch betreiben. Sie scheinen kaum bereit, Information als grundlegendes Gut wie Strom, Wasser, Gesundheit und Bildung zu betrachten und sie vor den privaten Interessen einiger weniger zu schützen.

Der Kommission bleibt die schwierige Aufgabe, von Einzel­inter­essen zu abstrahieren und jene Aspekte herauszuschälen, die im Interesse der Bevölkerung und der Demokratie liegen.

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