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Ständerat schützt Verkäuferinnen

Erleichterung an den Kassen: Der Ständerat will nicht, dass die Geschäfte national unter der Woche bis 20 Uhr offen bleiben können. Das wars mit dieser Vorlage zur landesweiten Verschlechterung der Verkaufsarbeit. 

 

Es komme nicht in Frage, dass die Geschäfte überall in der Schweiz unter der Woche bis 20 Uhr geöffnet bleiben können. Der Ständerat hat am 6. Juni mit 26 gegen 16 Stimmen die Vorlage zur Mehrbelastung des Kassenpersonals definitiv beerdigt. Das ist ein deutliches Votum. Die kleine Kammer hatte sich bereits im September ein erstes Mal knapp (mit 19 gegen 18 Stimmen) gegen das neue Gesetz ausgesprochen. Am 29. Februar wollte es der Nationalrat mit 122 zu 64 Stimmen durchwinken.

Personal arbeitet bereits prekär

Die Detailhandelsunternehmen hätten die Möglichkeit erhalten, ihre Geschäfte im ganzen Land mindestens von 6 bis 20 Uhr unter der Woche und von 6 bis 18 Uhr am Samstag geöffnet zu haben. Die Kantone hätten sich sogar noch liberaler zeigen können. Schon jetzt müssen die betroffenen Arbeitnehmenden besonders prekäre Arbeitsbedingungen hinnehmen, und es gibt keinen nationalen Gesamtarbeitsvertrag für den Detailhandel.

Dicht an der Grenze des Arbeitsgesetzes

Die Arbeitgeber setzen eine Verfügbarkeit an sechs von sieben Tagen voraus, und ein Arbeitstag kann bis zwölf Stunden dauern. Das Arbeitsgesetz setzt die Obergrenze bei zwölfeinhalb Arbeitsstunden in einem Zeitfenster von 14 Stunden. Das bedeutet, dass das Privatleben des Personals in einer Branche mit einem Frauenanteil von 65 Prozent nicht geschützt wird. Dazu eine Angestellte im Westschweizer «L’Evénement syndical»: «Der Verkauf ist im Begriff, uns das Familienleben zu nehmen. Ich habe ein Kind und weiss, wie es ist, ständig hin und her zu rennen. Wenn ich mein Kind vier Stunden pro Tag sehe, ist das schon viel. Mit Ladenschluss um 20 Uhr verschieben sich die Arbeitszeiten: Wenn ich um 11 Uhr anfangen muss, kann ich mittags nicht mehr nach Hause gehen.» Kein Wunder, sind 96 Prozent des Verkaufspersonals gegen das neue Gesetz. Dies zeigte eine landesweite Umfrage, welche die Unia letztes Jahr bei 2520 ArbeitnehmerInnen im Verkauf durchführte.

bürgerliche Mitstreiter

Christian Levrat (SP/FR) erinnerte daran, dass solche Vorlagen kantonal mehrfach gescheitert sind. Seit 2006 wurden 13 von 15 (!) dieser Vorlagen auf kantonaler Ebene vom Stimmvolk abgelehnt. Doch nicht nur die Linke, auch mehrere CVP- und FDP-Mitglieder wollten dieses Gesetz nicht, das den Kantonen eine Liberalisierung aufzwingen sollte. Der Föderalismus sei äusserst wichtig, erklärte Damian Müller (FDP/LU). Sein Kanton habe sich 13-mal gegen eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ausgesprochen, und er sehe nicht ein, weshalb Bern diese nun aufzwingen können sollte.

«Preise sind das Problem»

Laut Beat Rieder (CVP/VS), der sich gegen die Vorlage stellte, sind die Argumente der BefürworterInnen falsch. Diese versprachen sich eine Lösung bei der Bekämpfung des Einkaufs­tourismus, aber das Problem seien nicht die Öffnungszeiten, sondern die Preise.

Die Karte oben zeigt klar, dass die Kantone bezüglich Ladenöffnungszeiten ganz unterschiedliche Gepflogenheiten haben. Die ganze Westschweiz sowie Tessin, Luzern, Uri, Solothurn, St. Gallen und Zug wären vom neuen Gesetz besonders betroffen gewesen, auch Bern und Graubünden in einem gewissen Masse. In den weissen Kantonen – AG, AI, BL, BS, GL, NW, OW, SH, SZ, TG und ZH − hätte das neue Gesetz nichts geändert, da ihre heutige Regelung mindestens ebenso liberal ist.

Das war noch nicht das Ende

Um die Intention der Grossverteiler durchzubringen, haben die Dachverbände der Detailhändler national angesetzt. Hier wurde die Schlacht von der Linken und den Gewerkschaften jetzt gewonnen.

Zweifellos werden die Grossverteiler auf kantonaler Ebene wieder zum Angriff übergehen. Ein Antrag auf Verlängerung der Öffnungszeiten von 20 auf 22 Uhr wurde im Kanton Basel-Stadt bereits gestellt. Die Gewerkschaften werden wachsam bleiben müssen.

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