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Teamziele statt Konkurrenzdruck

Im Interview mit der syndicom-Zeitung erklärt der Poststellenleiter Carlo Mächler, wie er als Mitglied der nationalen Fachkommission Poststellen/Verkauf (Fako PV) das Thema Verkaufsdruck sieht und wie die Probleme bei der Post angegangen werden können.

 

syndicom: Viele Angestellten an den Postschaltern sagen aus, dass das Erreichen der vorgegebenen Verkaufsziele sie stark belastet. Kennst du diese Sorgen deiner KollegInnen? Und habt ihr das Thema auch schon in der Fako diskutiert?

Carlo Mächler: Der Verkaufsdruck ist für die meisten Mitarbeitenden am Schalter ein Thema. Letztlich will jede und jeder sich als wertvoll und erfolgreich erleben. Übermässiger Druck schadet dem Selbstvertrauen, zerstört die Motivation und produziert nur Verlierer. Das Wichtigste ist also, dass die Mitarbeitenden Vertrauen in ihre Fähigkeiten und ihr Wissen über die Produkte aufbauen können, damit sie – gut ausgebildet – ihre Ziele auch erreichen können.

Als Mitglied des Bereichsvorstandes PV habe ich die Thematik Verkaufsdruck in der Fako PV und an mehreren ergebnis­offenen Workshops mit den Bereichsverantwortlichen der Post eingehend diskutiert. Wir sind uns einig gewesen, dass Führung ohne Ziele weder für die Mitarbeitenden noch für die Post gut und wünschenswert ist. Auf der anderen Seite ist es auch nicht sinnvoll, von allen Mitarbeitern das volle Verkaufsprogramm zu verlangen.

Die ständig wechselnden Verkaufstools und Produkte machen einen erfolgreichen Verkauf besonders für Teilzeitmitarbeitende mit kleinen Pensen extrem schwierig. Sie müssen nämlich einen rechten Teil ihrer Arbeitszeit einsetzen, um nur wissensmässig einigermassen auf der Höhe zu bleiben.

Die Probleme wurden also in der Fako auf den Tisch gebracht. Und ihr habt auch über Lösungen gesprochen. Wie sehen diese Lösungsvorschläge aus? Und was davon setzt die Post um?

Verkaufsziele für das ganze Team – eventuell verbunden mit einem Anreizsystem – wären eine gute Möglichkeit, um den Druck auf die Einzelnen zu verringern. Mit Teamzielen könnte auch der leidige Konkurrenzkampf um die Verkaufspunkte in den Poststellen beendet werden. Bei den meisten Geschäften sind sowieso mehrere Mitarbeitende involviert.

Nebst erfolgreichen Verkäuferinnen und Verkäufern braucht jedes Team immer auch Mitarbeitende, die freundlich und speditiv das Massengeschäft erledigen und so den anderen den Rücken frei halten. Sie sind im Team genauso wichtig. Dank Teamzielen könnten alle vermehrt gemäss ihren besonderen Stärken eingesetzt werden.

Daraus hat sich die Idee entwickelt, dass ein Teil der Mitarbeitenden vorrangig für «transaktio­nale» Geschäfte – also für das traditionelle Postangebot – eingesetzt werden könnte. Diese Mitarbeitenden würden potenzielle KundInnen an ihre ­KollegInnen vermitteln, welche dann vertieft beraten. Ob und wie dies realisiert werden kann, wird PV in einem Pilotversuch testen. Wichtig ist uns, dass auch kleine Poststellen das volle Programm anbieten. Damit soll vermieden werden, dass sie zu Poststellen ohne Beratungsdienstleistung degradiert werden. Ein solcher Service­abbau wäre sonst der Anfang vom Ende.

Die Tatsache bleibt, dass der Verkauf von nichtpostalischen Dienstleistungen und Produkten in den Poststellen weiter ausgebaut wird. Was würde passieren, wenn man auf diese Zusatzverkäufe verzichten würde?

Das Geschäft mit den nicht­posta­li­schen Dienstleistungen ist überlebenswichtig. In kleineren Poststellen haben die Umsätze aus den Drittleistungen bereits die Umsätze aus dem Kerngeschäft übertroffen. Fallen diese weg, würde es zu einem Massensterben bei den Poststellen kommen und es wären mehrere Tausend Arbeitsplätze bei PV in Gefahr. Einen Rückschritt zur «guten alten Post» können wir uns schlichtweg nicht leisten.

Sich in neue Geschäftsfelder vorzuwagen, ist die einzig richtige Strategie und wesentlich besser, als keinen Job mehr zu haben. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden gut auf neue ­Produkte vorbereitet werden und dass nicht ungebührend Druck ausgeübt wird. Führung mit Motivation bringt Erfolg und Freude. Führung mit Druck und Repression endet in Misserfolg und Frust und brennt aus!

Was rätst du KollegInnen, die feststellen, dass sie Mühe haben, die individuellen Verkaufsziele zu erreichen? Wie sollen sie sich zum Beispiel in der MitarbeiterInnen-Beurteilung – den «Focus-Gesprächen» – verhalten?

Wichtig ist immer, rechtzeitig das Gespräch mit den direkten Vorgesetzten zu suchen. Diese müssen Unterstützung anbieten. Während der Zielverteilung habe ich kaum die Möglichkeit, die Ziele stark herunterzuhandeln. Ich kann aber im Focus unter ‹Bemerkungen› meinen Vorbehalt anbringen. Die Grundregel lautet: Arbeitsziele bedingen Kompetenzen, damit ich die Ziele erreichen kann. Habe ich diese Kompetenzen noch nicht entwickelt, bedingt dies Unterstützungsmassnahmen. Und genau dies fordere ich im Focus von meinem Chef ein. Oder auch beim Zwischengespräch.

In den Fako-News vom 6. Januar (Text auf syndicom.ch/Branche Post) hält die PV fest, dass im Focus auch Fortschritte in der Zielerreichung gegenüber dem letzten Jahr und das persönliche Engagement zu berücksichtigen sind und nicht nur die prozentuale Zielerreichung. Ich kann also unter Würdigung meiner Fortschritte und Bemühungen auch ein «Gut erfüllt» erhalten, obwohl ich die Ziele nicht voll erreicht habe. Ansonsten kann innerhalb von 14 Tagen eine Differenzbereinigung verlangt und eine Gewerkschaftsvertreterin zur Unterstützung beigezogen werden.

Unsere Kurse für Verkaufspersonal und PoststellenleiterInnen bieten ebenfalls eine wertvolle Unterstützung zur Erreichung der Jahresziele und zum gesunden Umgang mit dem Verkaufsdruck. Die Kurse – inklusive Kost und Logis – sind für Mitglieder von syndicom kostenlos. Die Mitglieder sollen dort unterstützt werden, wo es ihnen am meisten nutzt. Die Kurse sind auch ein Argument, um neue Mitglieder zu gewinnen. Ich sage nur: Nutzt dieses tolle Angebot und macht auch eure KollegInnen darauf aufmerksam!

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