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Unabhängigkeit der lokalen Medien: nah heisst nicht unterwürfig

Die Walliser Tageszeitung « Le Nouvelliste » vermeldet letzten Freitag, dass sie wieder Opfer eines Boykotts von Christian Constantin geworden ist. Der Präsident des FC Sion hatte den Journalisten und Fotografinnen des Lokalblatts bereits in der vorangegangenen Saison 2018/2019 den Zutritt zum Stadion verboten. Er ärgerte sich über die journalistische Berichterstattung, namentlich über gewisse Leitkommentare des Chefredaktors. Diese Massnahme, für die angelaufene Saison erneuert, stellt einen inakzeptablen Eingriff in die Pressefreiheit und den unabhängigen Journalismus dar. Auch in Yverdon gibt es eine unhaltbare Einmischung in redaktionelle Belange: Anfang Juli erreichte die Stadtregierung von Yverdon, dass die Chefredaktorin der « Région Nord-vaudois » entlassen wurde; deren Berichterstattung verlief nicht nach ihrem Gusto.

© Dia Mundial da Liberdade de Imprensa

Journalismus hat nichts mit Publireportage

Stadionverbot, keinen Zutritt zu Pressekonferenzen, verweigerte Interviews mit den Spielern und Club-Mitarbeitenden des FC Sion, Fotoverbot: die Medienschaffenden des «Nouvelliste» sind zum zweiten Jahr in Folge Opfer des Boykotts, den Christan Constantin verhängt hat. Damit rächt sich der selbstherrliche Patron des Fussball-Clubs gegen journalistische Beiträge, die ihm missfallen haben. Auf diese Massnahme hätte der hauptberufliche Immobilien-Promoter verzichtet, wenn die Zeitung ihm bzw. der Kommunikationsabteilung seines Clubs einmal wöchentlich eine Gratisseite zur Verfügung gestellt hätte.

Ein inakzeptabler Deal, den der « Nouvelliste » selbstverständlich ablehnte. Christian Constantin verwechselt Kommunikation und Journalismus und verletzt mit seinem Vorgehen in skandalöser Art und Weise die Pressefreiheit und das Grundrecht der Leserschaft auf unabhängige Information. Ein umso bedenklicher Vorgang, als Christian Constantin noch vor einigen Monaten in einen neuen « Matin Sports » investieren wollte.


Lokaljournalismus und politische Kommunikation sind zwei paar Schuhe

Anfang Juli wurde die Chefredaktorin der Zeitung « La Région Nord-vaudois » vom Verwaltungsrat entlassen, wegen publizistischer Divergenzen. Diese Massnahme erfolgte, nachdem die Exekutive der Stadt Yverdon sich in einem Brief über die Berichterstattung im Blatt beklagt hatte. Der Stadtrat drohte darin auch an, die offizielle Kommunikationsseite, welche die Stadt achtmal im Jahr bezahlte, einzustellen. «Was bringt  Die Lokalzeitung, wenn sie die Akteure und Events von Stadt und Region nicht hervorhebt», fragt die Stadtregierung in ihrem Brief, aus dem die Tageszeitung « 24 Heures » zitierte.

Die Antwort ist einfach: Die lokale Presse ist dazu da, die Leserschaft auf professionnelle und unabhängige Weise darüber zu informieren, was in ihrer Region abgeht. Nicht dazu gehören unterwürfige Gefälligkeitsartikel über gewählte Regierungen oder hübsche Bilder ihrer politischen Agenda.

Obwohl sich LokaljournalistInnen und politische, wirtschaftliche, kulturelle Akteure einer Region oft gut kennen, muss die journalistische Unabhängigkeit gewahrt und respektiert werden. Sowohl die Medienfreiheit wie auch die Meinungsäusserungs- und Informationsfreit sind grundlegende Verfassungsrechte, die es zu schützen gilt.

syndicom unterstützt die Redaktion der « Région Nord-vaudois » und ihre ehemalige Chefredaktorin sowie den « Nouvelliste » bei der Verteidigung der Pressefreiheit und bei ihrem Vorgehen bei den zuständigen Sport-Instanzen. Diese sind aufgefordert, im Interesse der Informationsfreiheit beim lokalen Fussballclub zu intervenieren.

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