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Verlegene Verleugner

Kurz vor Weihnachten 2011 konnte ich als schon nicht mehr so neuer Impressum-Präsident meinen Antrittsbesuch endlich auch bei Hanspeter Lebrument machen. Bei fast allen Präsidiumsmitgliedern von Schweizer Medien war ich bereits im Frühsommer gewesen. Lebrument sagte, was ich schon wusste: Einen GAV mit Lohnbestimmungen könne er sich nicht vorstellen. Neu war mir aber seine Idee, man könne allenfalls die Arbeitsbedingungen, Ferien etc. in einem Vertrag regeln. Und Lebrument selbst sagte, die Geschäftsführer von Schweizer Medien und Impressum könnten ja zusammensitzen und diese Punkte zusammentragen.

 

Diesen Vorschlag griff Impressum auf, und die beiden Geschäftsführer machten sich an die Arbeit. Die Arbeit dauerte anderthalb Jahre, und am Schluss lag ein Vertragsentwurf vor, ohne Löhne, kein GAV, aber ein Neuanfang nach zehn vertragslosen Jahren. Der Impressum-Vorstand konnte zu diesem Ergebnis stehen.

 

Und nun das: Das Präsidium des Verlegerverbandes empfahl seinen Mitgliedern, auf den Vertrag nicht einzutreten – angeblich weil das Präsidium gar nicht gewusst habe, dass ein Vertrag ausgearbeitet worden sei. Und einen Vertrag habe das Präsidium nie in Auftrag gegeben. Da greift man sich an den Kopf: Was ist das für eine Verbandsführung, die ihren Geschäftsführer anderthalb Jahre verhandeln und berichten lässt – um sich nachher auf Nichtwissen zu berufen? Lebrument behauptete sogar, den Text nie gelesen zu haben. Das soll ihm einer glauben?

 

Schockierender ist nur noch die Duckmäuserei der übrigen Verleger. Lebrument verlangte, dass sie den Vertrag ablehnen sollten, ohne den Text je gesehen zu haben. Und sie taten es willig. Keiner von ihnen verlangte eine Diskussion. Eine nordkoreanische Sternstunde der Medien- und Meinungsvielfalt!

 

Aber sie schämten sich und wagten es nicht, die Stimmkarten richtig aufzustrecken. Das lässt hoffen. Denn wie sagte doch das Präsidiumsmitglied Norbert Neininger («Schaffhauser Nachrichten») kurz zuvor: «Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen ist unser Geschäftsmodell (in einer Welt der zunehmenden Unehrlichkeit und Wahrheitsbeugung).» Willkommen in der Welt der Verleger!

 

Daniel Suter, Präsident Impressum – Die Schweizer JournalistInnen

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