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Verleger lehnen jegliches Gespräch ab

Am Verleger-Kongress kam es zum Eklat zwischen dem Arbeitgeberverband und Impressum. Über eineinhalb Jahre hatten die Geschäftsführer der beiden Verbände eine Vereinbarung ausgehandelt, von der der Verlegerpräsident behauptete, nichts gewusst zu haben. Ob Hanspeter Lebrument die Wahrheit sagte, ist irrelevant: Ein Affront gegen die JournalistInnen – aber auch gegen seinen engsten Mitarbeiter – ist es so oder so.

 

Man feierte sich unter Kronleuchtern im Fünf-Sterne-Hotel Victoria Jungfrau zu Interlaken. Platz für Misstöne durfte es da nicht geben. Der Deutschschweizer Verlegerverband «Schweizer Medien» hatte am 12. und 13. September zum zweitägigen Kongress mit hochkarätigen Referenten und rauschender Ballnacht geladen. Für Pressewirbel sorgten dann nur die Buhrufe und Pfiffe, die Bundesrat Ueli Maurer für seine Schlussrede ernten musste, in der er sich erlaubt hatte, den zunehmenden Einheitsbrei in der Medienberichterstattung zu kritisieren.

Selbstmitleid und Arroganz

Das passte nicht zur Selbstgefälligkeit der Verleger: Die Politik soll sich gefälligst nicht ins Zeitungsgeschäft einmischen. Dass die sinkenden Auflagezahlen nicht nur am Internet liegen könnten, sondern auch an der sinkenden Qualität der Produkte und Produktionsbedingungen, will in der Chefetage niemand auch nur denken.

Und wie Schafe blökten dann auch die kritisierten Berichterstatter das Mantra der Empörung ihrer Chefs. Eine Kritik ihrer eigenen, immer desolater sich entwickelnden Arbeitsbedingungen war ihnen kaum eine oder gar keine Zeile wert. Selbstreflexion findet in den Zeitungen nicht mehr statt.

Angestellte Vorgeführt

Der eigentliche Skandal, über den sich zu berichten gelohnt hätte, hatte sich schon während der Mitgliederversammlung am Vortag zugetragen: Das letzte Traktandum vor «Varia» galt einer «Vereinbarung» über Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten, über welcher der Geschäftsführer des Verlegerverbandes, Urs Meyer, mit Urs Thalmann, seinem Kollegen vom Arbeitnehmendenverband Impressum, über ein Jahr lang gebrütet hatte. Sehr zum Missfallen von syndicom, die nicht zu den Gesprächen eingeladen war, entpuppte sich die Vereinbarung als zahnloser Papiertiger voller Kann-Formulierungen. Doch diskutieren sollten die Mitglieder des Verlegerverbandes darüber nicht: Ihr Präsident Hans­peter Lebrument empfahl das Papier zur Ablehnung, ohne es überhaupt vorzulegen. Er erklärte sogar eiskalt, er habe die Vereinbarung weder gelesen noch gewusst, dass sie überhaupt ausgearbeitet wurde.

Ohne GAV seit 2004

Von 1918 bis 2004 hatten die Deutschschweizer Journalisten und Journalistinnen einen Kollektivvertrag, der ihre Arbeitsbedingungen und Löhne definierte. Auch die Verhältnisse der Freischaffenden waren in dem Abkommen geregelt, das alle paar Jahre erneuert und verbessert wurde. Auf 2004 kündigte der Verband der Zeitungsverleger den GAV. Für die Festangestellten sinken seither die Reallöhne, für Freischaffende stürzen die Honorare ins Bodenlose, immer mehr qualifizierte Leute fliehen aus dem Beruf. Die Verleger ihrerseits haben ganz darauf verzichtet, mit ihren Sozialpartnern gemeinsam über die Zukunft des krisenhaften Mediengeschäfts nachzudenken. Es ist höchste Zeit, dass sich die Deutschschweizer und Tessiner JournalistInnen für ihren Gesamtarbeitsvertrag wehren, wie die Westschweizer KollegInnen dies am Aktionstag vom 29. August vorgemacht haben.

Gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen

Der Vorstand der Journalistinnen und Journalisten bei syndicom fordert von den Verlegern, die Gespräche mit den Sozialpartnern wieder aufzunehmen. syndicom will sich zusammen mit Impressum mit aller Kraft für einen echten GAV einsetzen. Dieser muss für die Medienschaffenden der Print- und Onlinemedien in allen Landesteilen gelten und verbindliche Mindestlöhne enthalten. Angesichts der verschärften Medienkonzentration braucht es verbindliche Regeln für die Arbeitsbedingungen, es braucht Mindestlöhne – in der ganzen Schweiz.

Doch statt den Verband in eine offenere Zukunft zu lenken, wählten die Verleger Hanspeter Lebrument für vier weitere Jahre zum Präsidenten. Sie sind nicht besser als ihre Angestellten, die widerspruchslos mit dem Leithammel blöken.

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