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Vertrauensmissbrauch des Arbeitgeberverbandes

Nun haben wir es Schwarz auf Weiss, auf den VISCOM (Arbeitgeberverband der grafischen Industrie) ist kein Verlass.

In einem Brief, datiert vom 17. September, teilt der Verband uns mit, dass er aus dem Prozess der Allgemeinverbindlichkeit (AVE) aussteigt, bevor dieser überhaupt richtig begonnen hat. Bestätigt wurde die Aussage im der Verbandszeitschrift „viscom“ vom 30.9. unter dem Titel „viscom stoppt AVE-Prozess“. Und auch bei einem präsidialen Gespräch von mir dem Viscom-Präsidenten, musste leider festgestellt werden, dass der Viscom sein Wort definitiv nicht hält.

Für uns ist das ein Frust, hatten wir doch darauf vertraut, dass zum Schluss der letzten GAV-Verhandlungen die Vernunft eingekehrt sei. Nun müssen wir feststellen, dass der Viscom in der neoliberalen Logik gefangen ist. Mit dieser Haltung vergrössert der viscom die Schwierigkeiten, mit denen die grafische Industrie – vor allem deren industrieller Teil – kämpft. Die AVE wäre ein taugliches Mittel, um einen Teil des brutalen Preiskampfs in der Druckbranche zu dämpfen. Viele UnternehmerInnen müssen sich nun nach wie vor nicht an die Spielregeln eines GAV halten und können somit dank Sozialdumping bei Löhnen, Zuschlägen, Ferien, Lohnausfallversicherung usw. die Preise weiter drücken.

Was ist das immer wieder vorgebrachte Argument gegen die AVE? Es geht um den Artikel 223.4 der sagt, dass Personen, denen auf Grund des aktuellen GAV die Zuschläge gekürzt werden, eine Lohngarantie haben, d.h. dass ihnen eine Ausgleichszahlung auf den Lohn gewährt werden muss. Dieser kleine Absatz kann nicht der AVE unterstellt werden – gemäss Richtlinien seco – und benachteilige deshalb die viscom-Mitglieder. Theoretisch wahr, aber in der Praxis genau umgekehrt: weder uns noch dem viscom ist ein Betrieb ausserhalb des GAV-Bereiches bekannt, der höhere Zuschläge hätte als die im GAV vorgeschriebenen!

Da dieses Argument nicht haltbar ist, hat der viscom eine neue Finte gefunden und sich auf das Kontrollorgan eingeschossen. Obwohl allen an den Verhandlung Beteiligten klar war, dass es ein solches Organ von Gesetzes wegen für allgemeinverbindlich erklärte GAVs vorgeschrieben ist, behaupten sie nun, dass dieses Kontrollorgan so nicht im GAV stünde und die AVE deshalb nicht beantragt werden könne. Gedächtnislücken auf Arbeitgeberseite? Wir hatten diese Tatsache mehrfach während der Verhandlungen vorgebracht, da aber die AVE bis zum letzten Moment von viscom abgelehnt wurde, wurde logischerweise auch nicht über das AVE-Kontrollorgan verhandelt.

Verstösst der SozialUNpartner gegen Treu und Glauben? Auf jeden Fall prüfen wir eine Klage und sind gespannt, welche Massnahmen der viscom vorschlägt um die zerrüttete Basis der Sozialpartnerschaft wieder auf ein einigermassen vernünftiges Level zu heben.

Niklaus Dähler, Präsident Branche Grafische Industrie und Verpackungsdruck

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