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Vom hässlichen Entlein zum Schwan

Jahrelang gab es Befürchtungen, dass die Swisscom ihr Netzbauunternehmen Cablex abstösst. Der Glasfaserboom macht nun aber den Kabelbau zu einem der Kernbereiche der Swisscom. Das gibt den Cablex-Angestellten neue Perspektiven. 

Überall in der Schweiz bauen derzeit Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter am Telekommunikationsnetz der Zukunft. Das ultra­schnelle Glasfasernetz löst Schritt für Schritt das Kupfernetz ab. Verglichen mit Verkehrswegen ist es, als würde ein schmaler Trampelpfad durch eine mehrspurige Autobahn ersetzt. Für den Wohn- und Wirtschaftsstandort Schweiz ist es von elementarer Bedeutung, dass die Schweiz weltweit zu den ersten Ländern gehört, in denen Bevölkerung und Wirtschaft mit der Glasfasertechnologie versorgt werden. Entsprechend macht die Swisscom vorwärts mit ihrem Glasfasernetz. Die Aufträge vergibt sie einerseits an ihr Tochterunternehmen Cablex, andererseits auch an Mitbewerber von Cablex. Innerhalb weniger Jahre ist so eine neue Branche entstanden, die syndicom derzeit zu regulieren versucht.

Der runde Tisch der Netzbau-Branche

Im letzten Sommer hat syndicom einen «runden Tisch» ins Leben gerufen, an dem sich die grösseren Netzbauunternehmen über eine allfällige Regulierung der jungen Branche unterhalten. Das Ziel des runden Tischs ist, dass der Wettbewerb über die Qualität der Arbeiten geführt wird und nicht über ­Dumpinglöhne.

So wird über den Abschluss eines Branchen-Gesamtarbeitsvertrags diskutiert – und über dessen allfällige Allgemeinverbindlicherklärung durch den Bundesrat. Zurzeit liegt der Ball für eine rasch umsetzbare und griffige Lösung bei den Arbeitgebern. Zu Beginn der Diskussionen am runden Tisch musste erst einmal die Branche abgegrenzt werden. Dabei stellte sich heraus, dass für die Netzbauunternehmen nicht nur der Tiefbau im Vordergrund steht, sondern auch der Freileitungsbau. Und bei der Abgrenzung der Berufe zeigte sich, dass sich über eine Branchenlösung auch gleich die Möglichkeit bietet, auf das Berufsbild des Netzbauers/der Netzbauerin und damit auf die Aus- und Weiterbildung Einfluss zu nehmen.

All dies schilderte syndicom-Zentralsekretär Daniel Münger an der Firmenkonferenz Cablex vom 22. Februar. Den Cablex-Mitarbeitenden konnte er aufzeigen, dass Cablex innerhalb der Swisscom wieder einen deutlich höheren Stellenwert hat als noch vor ein paar Jahren. So ist Cablex mittlerweile ein Wachstumsunternehmen, das seinen Mitarbeitenden wieder Perspektiven bietet. Vorbei sind die Zeiten, in denen Cablex-Angestellte eine Erniedrigung um die andere erdulden mussten. Vergessen sind sie aber noch nicht.

Arbeitsklima treibt Personal zur Konkurrenz

Das zeigte sich bei der Diskussion über die Umsetzung des GAV Cablex, der am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist. Die Kernbestimmungen des GAV werden offenbar korrekt umgesetzt. Anlass für regelmässigen Ärger ist aber das Verhalten einiger Vorgesetzter. An mehreren Standorten entsteht gelegentlich Unruhe durch ungeschickte Kommunikation von Vorgesetzten. Vorab in Zürich wird das Arbeitsklima als demotivierend bezeichnet: fehlende Wertschätzung, ungenügende Schulung, Probleme beim Pikettdienst. Ein Zürcher Kollege brachte es an der Firmenkonferenz auf den Punkt: «Die besten Regelungen helfen nichts, wenn ein Vorgesetzter keine Sozialkompetenz aufweist.»

Beim Pikettdienst stellen sich Kolleginnen und Kollegen die Frage, ob sie auch Arbeiten ausführen müssen, zu denen sie gar nicht befähigt sind. Zentralsekretär Daniel Münger warnte davor: «Wer eine Arbeit ausführt, obwohl er weiss, dass er fachlich gar nicht dazu in der Lage ist, macht sich unter Umständen wegen grober Fahrlässigkeit strafbar.» Da habe Cablex Nachholbedarf, und er werde dies mit dem Unternehmen besprechen, versprach Münger.

Nach wie vor Unzufriedenheit herrscht bei den Cablex-Mitarbeitenden über die Verschlechterungen im Zusammenhang mit dem neuen eigenständigen GAV Cablex. Täglich für Ärger sorgt die Pausenregelung. Kombiniert mit der um eine Stunde erhöhten Arbeitszeit, arbeitet man bei Cablex jede Woche 2¼ Stunden mehr als im letzten Jahr. Auch die Spesenregelung führt zu Unzufriedenheit. Ein Kollege schilderte die Situation in der Ostschweiz: «Bei unseren Mitbewerbern erhält jeder Monteur eine Mittagspauschale von 25 Franken, ob er sie braucht oder nicht. Im Gegensatz dazu schlagen wir uns bei Cablex mit bürokratischen Regelungen herum.»

Daniel Münger versicherte, sich des Themas anzunehmen, wie auch der Überzeitregelung und des Pikettdienstes. Sektorleiter Giorgio Pardini erinnerte in diesem Zusammenhang an die ausgebauten Gewerkschaftsrechte: «Je mehr Kolleginnen und Kollegen sich gewerkschaftlich engagieren und an den Diskussionen teilnehmen, desto besser können wir den aktuellen GAV umsetzen und umso mehr Verbesserungen können wir bei der nächsten GAV-Erneuerung erzielen.»

Das Netzbauunternehmen Cablex steht vor grossen Herausforderungen, handelt es sich doch beim Bau eines flächendeckenden Glasfasernetzes um das grösste Tiefbauprojekt der Schweizer Geschichte. Cablex kann die Herausforderungen nur mit hervorragend qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden meistern. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass es das Unternehmen zulässt, dass ungeschickt agierende Cablex-Kader gut qualifizierte Mitarbeitende in die Arme der Konkurrenz treiben.

* Franz Schori ist Fachsekretär Telecom/IT.

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