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«Wenn wir uns zusammen setzen, trifft sich die halbe Welt»

Sie bezeichneten mich als Tschingg, und ich musste ihre Sprache lernen. Ich tat es mit den drei ???, einem Kriminalroman für Jugendliche, und tue es weiter mit Kreuzworträtseln. Inzwischen kann ich mich besser ausdrücken als die meisten von ihnen, und bei internationalen Treffen glänze ich mit meinen sechs Sprachen, die mir erlauben, den meisten im Originalton zu folgen und ihnen in ihrer Sprache zu antworten. Das verschafft mir einen einfacheren Zugang zu ihnen, nicht nur auf der gedanklichen Ebene. Viele Menschen betrachten es als persönliche Wertschätzung, wenn sie von Fremden in ihrer eigenen Sprache angesprochen werden. ExpertInnen nennen dies interkulturelle Kompetenz.

Wer nun eine der seltenen Erfolgsgeschichten gelungener Integration erwartet, die JournalistInnen bemühen, um das negative Bild der Fremden in den Medien zu verändern, das sie sonst verbreiten, anerkennt die Breite des Phänomens nicht. Rund 10’000 syndicom Mitglieder haben einen Migrationshintergrund. Wir haben alle irgendwann einmal gelernt, uns plötzlich in einer fremden Umgebung zurecht zu finden, uns neue Fähigkeiten anzueignen. Diese Erfahrung hat uns geprägt und prägt unseren Alltag weiter. Die meisten von uns mussten nicht nur ihre Familien, sondern auch ihren Beruf aufgeben, weil ihre Zeugnisse hier nicht anerkannt werden. In vielen Teams machen wir die „dreckigere“ Arbeit, haben kaum Aufstiegschancen und verdienen für die gleiche Arbeit meistens weniger als unsere KollegInnen mit Schweizer Pass. Alles erwiesene Tatsachen, wissenschaftlich untermauert.

Doch wir sind und bleiben da. Und sind dabei gar nicht so erfolglos. Wir tragen – ebenfalls erwiesenermassen – in bedeutendem Masse zum Schweizer Wohlstand bei, zur kulturellen Vielfalt und zum sozialen Zusammenhalt dieses Landes. Wer uns in Prim@s, Second@s, Terz@s, Quart@s, etc. einteilt, verkennt sträflich, dass wir schon lange Teil dieser Gesellschaft und bereits integriert sind. Dass Menschen mit vier Schweizer Grosseltern inzwischen zur Minderheit gehören. Nicht umsonst wird die Schweizer Sprachen- und kulturelle Vielfalt als Erfolgsrezept gelobt. Auch aus der Wirtschaftsforschung wissen wir, dass sogenannt interkulturelle Teams in der Regel erfolgreicher sind als homogene Gruppen. Und wir erleben es selbst: Wenn wir uns in der Kommission zusammen setzen, trifft sich die halbe Welt.

Vor gut zehn Jahren taten sich einige Mitglieder der Gewerkschaft Druck und Papier mit Migrationshintergrund zusammen, um ihre – unsere – Interessen inner- und ausserhalb der Gewerkschaft zu vertreten. Die Migrationskommission etablierte sich in der daraus entstandenen comedia als kompetente Ansprechpartnerin gegen Diskriminierung und Ausbeutung. In syndicom wollen wir nun die Herausforderung und Chance packen, unser Wissen in Betriebe wie Post und Swisscom einzubringen. Wir wollen deshalb in den nächsten drei Jahren Migrationsgruppen wie diejenige in Härkingen in möglichst vielen Regionen etablieren, denn wir haben nicht nur ein Wissen, sondern auch eine Stimme. Ja, wir wollen mitreden. Wir wollen Fragen stellen, in Frage stellen, kommentieren, antworten. Zu unserem eigenen Wohle und demjenigen aller.

Interessierte melden sich gerne per Mail an migration[at]syndicom.ch oder bei unserer Zentralsekretärin, Therese Wüthrich: 058 817 18 74.

Salvatore Pittà, Migrationspräsident und Delegierter im ZV für die IG Migration

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