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Wir arbeiten alle in der Schweiz

Gemeinsam gegen Lohndumping! Ausländische Arbeitskräfte und insbesondere die GrenzgängerInnen sollen besser in die Gewerkschaftsbewegung eingebunden werden. Die Branche grafische Industrie hat die Diskussion neu angestossen.

 

An der Sitzung des Nationalvorstands der Branche Grafische Industrie und Verpackung vom vergangenen 24. Mai kam das Gespräch auf die Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Bereits in den Jahren von Comedia hatte man anlässlich des Inkrafttretens der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU ein besonderes Augenmerk auf sie gerichtet: Männer und Frauen überqueren die Grenze täglich und nehmen dabei nicht selten eine lange Reise auf sich. Je mehr Menschen dazu bereit sind, umso mehr können die Arbeitgeber sich dies zunutze machen und die Arbeitsbedingungen nach unten drücken.

Besser eine lange Reise als gar keine Arbeit

Die seit Jahren schwierige Wirtschaftslage in den europäischen Ländern, die hohe Arbeitslosigkeit und über hundert Millionen an Armut leidende Menschen haben zur Folge, dass sich in den an unser Land angrenzenden Gebieten immer mehr Personen entschliessen, Arbeit in der Schweiz anzunehmen.

Zu all dem kommt die rigorose Sparpolitik, die den Alten Kontinent seit zu vielen Jahren im Griff hält und auch auf die Arbeitsbedingungen schreckliche Auswirkungen hatte, bis heute. In Griechenland ist der Gesamtarbeitsvertrag buchstäblich ausgestorben, und insgesamt unterstehen immer weniger Menschen Kollektivverträgen: In Portugal zählte man Ende 2008 noch rund 2 Millionen Personen, die in den Genuss eines GAV kamen. 2012, also nur vier Jahre später, waren es nur noch 300 000. Die Unternehmerwelt freut sich über Arbeitskräfte, die bereit sind, für Löhne zu arbeiten, die zwar höher als in ihrem Herkunftsland sind, aber deutlich unter dem liegen, was bei uns bezahlt werden müsste.

Sündenbock-Denken wird den Tatsachen nicht gerecht

Die Politik, allen voran die SVP und die Lega dei Ticinesi, hat die Gemüter erhitzt, indem sie die Grenzgängerinnen und andere ausländische Arbeitende für alles verantwortlich macht, was heute mit den Arbeitsplätzen geschieht. Den GrenzgängerInnen wird vorgeworfen, dass sie den Einheimischen die Arbeit wegnehmen. Die Tatsache, dass sie Arbeit finden, weil jemand sie ihnen anbietet, wird dabei – unabsichtlich oder absichtlich – ignoriert. Grenzgängerinnen und Grenzgänger werden daher zuerst ins Visier genommen und sind am besten erpressbar, und zwar nicht nur in den Sektoren ohne GAV. Auch in der Grafikindustrie pendeln Arbeitskräfte über die Landesgrenzen, wenn auch in geringerem Masse als in anderen Sektoren.

Es ist daher ganz wichtig, dass es uns gelingt, diese Kolleginnen und Kollegen für die gewerkschaftliche Arbeit zu motivieren und sie miteinzubeziehen. Sie dürfen nicht zu nachgiebig auftreten, weil die Gewerkschaft dadurch an Kraft verliert – mit der verhängnisvollen Konsequenz, dass auch unsere Arbeitsbedingungen sich verschlechtern.

Sie müssen zur Überzeugung gelangen, dass alle Arbeitnehmenden in unserem Land dieselben Arbeitsbedingungen haben müssen und dass Gewerkschaften, gewerkschaftliches Engagement und Solidarität wichtige Mittel sind, um dieses grundlegende Ziel zu erreichen.

Gleiche und Faire Bedingungen für alle

Das muss uns auch deshalb gelingen, weil diese KollegInnen in verschiedenen wichtigen Betrieben, von denen manche einflussreiche Mitglieder von Viscom sind, die Mehrheit bilden. Die Diskussion im Nationalvorstand war interessant und hat gezeigt, dass alle unsere grenznahen Regionen vor denselben Problemen stehen. Wir müssen diesen Weg gemeinsam zurücklegen und dabei auch daran denken, die Kontakte zu verwandten Gewerkschaften zu verstärken. Vor uns liegt keine einfache Aufgabe, aber wir müssen sie auch anpacken, weil 2015 die Erneuerung unseres GAV ansteht.

* Zentralsekretär Grafische Industrie und Verpackung

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