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«Wir sind stolz auf die KollegInnen von der Basis!»

Kurz vor Weihnachten fand eine Delegiertenversammlung der Branche Post statt – die fünfte seit der Fusion zu syndicom. Wir sprachen mit Sektorleiter Fritz Gurtner über drei Themenkreise, die auch die Versammlung prägten: die Postgesetzgebung, den neuen Gesamtarbeitsvertrag Post und die Entwicklung der Branche Post bei syndicom.

syndicom: Die neue Postgesetzgebung ist nun unter Dach und Fach. Was war für die Gewerkschaft prägend auf diesem Weg?

Fritz Gurtner: Im Dezember hat der Bundesrat die Postgesetzgebung definitiv in Kraft gesetzt. Nun wird Realität, was während sieben Jahren diskutiert wurde. Die für das betroffene Personal sehr guten Übergangsregelungen wurden von der Delegiertenversammlung angenommen und damit ratifiziert. In den nächsten beiden Jahren ändert sich für die Mitarbeitenden der Post nichts.

Auch die Initiative «Für eine starke Post» hat auf dem Weg zur neuen Postgesetzgebung eine bedeutende Rolle gespielt …

Ja! Dass die Gesetzgebung so aussieht, wie sie sich jetzt präsentiert, ist auch auf den Druck zurückzuführen, den wir mit unserer Initiative ausgeübt haben. Selten hatte eine Initiative schon in ihrem Vorfeld so viele positive Auswirkungen auf die Gesetzgebung! Und sie hat auch aufgezeigt, dass die Politik die Gewerkschaft syndicom als Initiativ- und Referendumsmacht wahrnimmt. Wir können also politisch in der Schweiz etwas bewirken!

Natürlich ist aber trotzdem nicht alles perfekt, was die Post angeht …

Nein, weder die Initiative noch die Postgesetzgebung können alles korrigieren, was in der Schweiz im Zuge der Liberalisierung politisch falsch gemacht wurde. Aber wir haben immerhin die Möglichkeit, nicht die gleichen Fehler zu machen, wie man sie im Ausland sieht. Und: die starken Signale von syndicom im Bereich des Lobbyings kamen an.

Wo stehen wir nun nach rund zwei Jahren mit der Kampagne zum neuen Gesamtarbeitsvertrag Post?

Die Kampagne mündet in verschiedene Forderungen, die wir zum neuen GAV stellen. Das ganze Kampagnen-Konzept war gleichsam «von unten nach oben» angelegt. Die Forderungen wurden mit den KollegInnen erarbeitet, sie konnten sagen, was sie sich für den neuen GAV wünschen. Hochstehende Diskussionen in Arbeitsgruppen und an Veranstaltungen haben gezeigt, dass die Basis ein gutes Gefühl dafür hat, was wichtig, aber auch dafür, was realistisch und machbar ist. Dementsprechend gab es an der Delegiertenversammlung auch wenige materielle Anträge zu diesem Thema.

Die Stossrichtung und die Hauptforderungen in Bezug auf den neuen GAV stimmen also. Welche Aspekte wurden als besonders wichtig gewertet?

Besserer Schutz für die Mitglieder von Personalkommissionen und gewerkschaftlich engagierte KollegInnen, der Schutz älterer Mitarbeitender, etwa in Zusammenhang mit Altersteilzeit und Frühpensionierungen, und schliesslich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Einer der Erfolge im bereits geltenden GAV betrifft ja junge Mütter …

Genau – müssen sie ihr Kind aus­serhalb des Betriebs stillen, also zum Beispiel zum Stillen nach Hause fahren, wird die Hälfte dieser Stillzeit als bezahlte Arbeitszeit angerechnet; die Stillzeit im Betrieb selber wird ganz angerechnet. Eine solche Regelung gibt es in keinem anderen GAV. Schon immer wurde also der guten Vereinbarkeit von Familie und Arbeit grosses Gewicht beigemessen – dies zeigt, dass die Arbeitsgruppen beim neuen GAV auf die richtigen Dinge geachtet haben! Ich möchte ihnen dafür ein grosses Lob aussprechen.

Wie wurde an den letzten Delegiertenversammlungen aufgenommen, was die Arbeitsgruppen taten?

Die Diskussionen an den Versammlungen waren immer hochstehend – kritisch, aber konstruktiv. Es hat sich gezeigt, dass die Delegierten der Branche Post hinter den Forderungen an den Gesamtarbeitsvertrag stehen können, weil sie von der Basis erarbeitet wurden.

Nun neigt sich die Vorbereitungsphase zu den GAV-Verhandlungen dem Ende zu …

Ja, das Projekt «GAV Post 2015» tritt in eine neue Phase, in jene der Verhandlungen, die im August beginnen. Für den Sektor Logistik liegt der Fokus jetzt darauf, auch während dieser Verhandlungen die gute Kommunikation mit den KollegInnen aufrechtzuerhalten – das ist unsere nächste Herausforderung (vgl. hierzu auch den Text rechts «Gros­se Zustimmung zu den Forderungen»).

Welches Fazit ziehst du nun zwei Jahre nach der Fusion zu syndicom für den Sektor Logistik?

Der Übergang von einer sehr stark durch die Sektionen geprägten Gewerkschaft in eine Branchengewerkschaft war schwierig. Es gab zum Teil auch technische Hindernisse. Aber schon im letzten Jahr konnte man feststellen: die Gremien funktionieren sehr gut!

Alle Gremien wurden ja neu besetzt …

Ja, sowohl der Branchenvorstand wie auch die Firmenvorstände. Bereits nach einem Jahr lief alles sehr gut, und schon im zweiten Jahr stand fest: der Sektor Logistik ist auf dem richtigen Weg. Nun braucht es noch «Feinanpassungen» – wir müssen mit den Sektionen und Delegierten diskutieren, wie wir manche Dinge noch verbessern können, so zum Beispiel das Einhalten von Fristen.

Wo siehst du sonst noch Optimierungsbedarf?

Etwa beim Verkehr mit den Sektionen – es geht darum, klarzustellen, wer jeweils die richtigen Ansprechpartner sind. Wir wollen die Sektionen wieder als wichtiges Bindeglied zu uns her­anführen.

Gibt es etwas, das dich in Zusammenhang mit der Entwicklung des Sektors besonders freut?

Ja – wir konnten über tausend Vertrauenspersonen erfassen. Nun beginnt ihre Ausbildung. Dies wird neben den GAV-Verhandlungen im Jahr 2013 ein Schwerpunkt sein – es geht um die Personalkommissionen und die Implementierung der Mitwirkungsstrukturen im Grosskonzern Post.

Die Mitwirkung der Basis ist ja elementar dafür, dass die Gewerkschaft ihre Ziele erreichen kann …

Ja – und die ganze Leitung des Sektors Logistik ist stolz auf die Arbeit der KollegInnen von der Basis und auf ihren Elan, sich für ihre Rechte einzusetzen.

Interview: Gabriele Brodrecht

Über die Lohnmassnahmen bei der Schweizerischen Post für 2013 berichteten wir in «syndicom» Nr. 20/2012.

Die nächste Delegiertenversammlung der Branche Post findet am 21. Februar in Bern statt.

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