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Breite Debatte über Strategie

Die Debatte über eine künftige Strategie für syndicom ist lanciert. Im Interview erklärt Präsident Alain Carrupt, wie dabei Mitglieder und Mitarbeitende mitentscheiden können.

 

syndicom: Am 20. April hat die Geschäftsleitung dem Zentralvorstand einen Bericht über das Strategieprojekt «syndicom 2020» vorgestellt. Gleichzeitig hat sie verschiedene Vorschläge für eine Strategie in die interne Vernehmlassung gegeben. Was steht im Bericht? Und in welche Richtung gehen diese Vorschläge?

Alain Carrupt: Das Projekt «syndicom 2020» knüpft an die Vision an, die der Kongress im Dezember 2013 verabschiedet hat. Dieses Projekt will unter anderem, dass unsere Mitglieder und Mitarbeitenden die Vision mittragen und überzeugt sind, dass wir als Gewerkschaft eine Zukunft haben. Wir brauchen eine Strategie, die eine nachhaltige Entwicklung garantiert.

Der in die interne Vernehmlassung gegebene Bericht enthält eine Situationsanalyse und schlägt die Eckwerte dieser Strategie vor: Zunächst soll unsere Organisation konsolidiert und danach weiterentwickelt werden. Mit dieser strategischen Stossrichtung sollen die GAV-Politik, die Gewerkschaftsarbeit und die gewerkschaftliche Aufbauarbeit in den Betrieben, den Branchen und den Sektoren priorisiert werden.

Du sprichst von einer breiten internen Vernehmlassung zu diesen Papieren. Wer kann hier mitreden? Und wie sieht der Fahrplan für die Vernehmlassung aus?


Die Debatte hat am Kongress 2013 mit der Diskussion über die Vision 2020 begonnen. Wir befinden uns jetzt in der Phase, in der diese Vision konkretisiert wird. Eine Arbeitsgruppe hat eine umfassende Analyse durchgeführt. Gestartet wurde diese mit dem Personaltag am 25. November 2014, an dem sich sowohl das politische wie auch das administrative Personal intensiv mit den Stärken und Schwächen von syndicom befasste. Mit einer Personalumfrage im Januar 2015 wurden unsere Mitarbeiter ein weiteres Mal in das Projekt involviert. An der Delegiertenversammlung vom 29. November 2014 konnten sich zudem die Delegierten zu den Stärken von syndicom äussern. Die Zukunftswerkstatt vom 21./22. Februar 2015, zu der die Mitglieder des Zentralvorstandes sowie die Präsidien der Branchen und Interessengruppen eingeladen waren, befasste sich ebenfalls mit der Ist-Situation von syndicom. Danach wurde intensiv über die zukünftige Strategie diskutiert und es wurden verschiedene Stossrichtungen formuliert.

Der Bericht der Arbeitsgruppe «syndicom 2020», die von der Zukunftswerkstatt diskutierten Stossrichtungen, ein Strategiepapier der Sektorleiter sowie weitere Diskussionsbeiträge dienten als Grundlage für das Dokument, das nun in die Vernehmlassung gegeben wurde. Die Vernehmlassung wird von Juni bis September 2015 bei den verschiedenen Organen (Zentralvorstand, Interessengruppen, Kommissionen, Branchen- und Sektorvorstände, Sektionen etc.) und bei den Mitarbeitenden durchgeführt. Nach dieser Vernehmlassung wird die Geschäftsleitung dem Zentralvorstand Grundsatzanträge zuhanden der Delegiertenversammlung vom November 2015 unterbreiten. Gewisse Aspekte müssen auch am Kongress Ende 2017 behandelt werden.

Was muss aus deiner Sicht beachtet werden, damit dieser Prozess, gemeinsam eine Strategie zu formulieren, erfolgreich ist? Wo siehst du Gefahren und Probleme?

Gewöhnlich findet die Diskussion über die Strategie einer Gewerkschaft an den Kongressen statt, häufig auf Basis von Anträgen oder Diskussionspapieren, welche die Delegierten einige Wochen zuvor erhalten. Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden. Wir wollen, dass diese Strategie aus einer breiten Debatte auf allen Ebenen unserer Organisation entsteht. Dieser Weg ist klar schwieriger und anspruchsvoller, aber auch demokratischer.

Die Diskussionen über die künftige Strategie müssen offen und ohne Tabu geführt werden können. Sie sind deshalb häufig sehr emotional. Und natürlich besteht die Gefahr, dass einzelne Teile der Analysen oder Diskussionsbeiträge aus dem Zusammenhang genommen und als Entscheide präsentiert werden, obwohl die Diskussion gerade erst beginnt. Zu diesen Schwierigkeiten, die sich aus dem gewählten Weg ergeben, kommt eine weitere hinzu: die Anpassung unserer personellen Ressourcen aufgrund der seit Jahren stetig rückläufigen Mitgliederzahl.

Für den Erfolg unseres Vorhabens ist es wichtig, dass wir klar und transparent kommunizieren, möglichst viele Mitglieder in die Diskussion einbeziehen, die Kompetenzen der verschiedenen demokratisch gewählten Organe beachten und Kulissenschiebereien vermeiden. Vor allem aber müssen wir eine Diskussionskultur pflegen, die das Interesse der Organisation in den Mittelpunkt stellt. Und wir müssen uns ständig unser Ziel vor Augen halten: die Sicherung einer nachhaltigen Zukunft für eine starke Gewerkschaft im Dienste ihrer Mitglieder.

An der letzten Sitzung des ZV hat eine Gruppe von Basismitgliedern mit einer Aktion gegen das «undemokratische» Vorgehen und gegen Geheimniskrämerei der Geschäftsleitung protestiert. Stimmen diese Vorwürfe? Kann die Basis von syndicom nicht mitreden?

Ich begrüsse das Engagement dieser Mitglieder. Es ist der Beweis, dass unsere Gewerkschaft lebendig ist. Wie ich bei ihrem Besuch sagte, stimme ich dem Grossteil ihrer Forderungen zu. Sie haben in guter Absicht gehandelt und ich kann ihnen nicht den geringsten Vorwurf machen. Lediglich den, dass sie sich im Voraus nicht besser informiert haben. Sie hätten sonst festgestellt, dass dieses Projekt mit ihren Anliegen im Einklang steht. Ihre Vorstellung von Basisdemokratie, beispielsweise die Forderung nach einem syndicom-Kongress, der allen 37 000 Mitgliedern offen steht, geht jedoch weit über unsere demokratisch verabschiedeten Statuten hinaus.

Alle interessierten Mitglieder sind eingeladen, an der Vernehmlassung teilzunehmen. Wenn sie nicht Vorstandsmitglieder oder Delegierte sind, können sie sich dafür an ihre Sektion wenden. Ab 20. Juni können sie auch die Vernehmlassungsunterlagen beim Zentralsekretariat anfordern. Ausserdem werden wir im September dieses Jahres einen Workshop für die Sektionen durchführen. Im ersten Teil des kommenden Jahres werden wir einen Tag für Vertrauensleute organisieren, an dem alle aktiven Mitglieder teilnehmen können.

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