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Buchhandel: Lohnfortschritte in den letzten 10 Jahren nur dank Gesamtarbeitsvertrag (GAV)

Im ersten Halbjahr 2017 führte die Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW im Auftrag von syndicom, der Gewerkschaft Medien und Kommunikation, und des Schweizerischen Buchhändler- und Verlegerverbands SBVV eine Lohnstudie im Buchhandel der Deutschschweiz durch.

Nachstehend finden Sie die Auswertung und Interpretation von syndicom zur Entwicklung der Löhne im Buchhandel in den letzten 10 Jahren. Als Vergleichsbasis dient der Medianlohn in der aktuellen Studie 2017 und derjenigen von 2007, die seinerzeit durchgeführt wurde durch das Observatoire Universitaire de l’Emploi der Universität Genf. Die von syndicom vorgenommenen Vergleiche basieren auf den in der Studie 2017 als "Basis" bezeichneten Angestellten im Buchhandel, d.h. ohne Kader und EigentümerInnen.

 

syndicom kommt im 10-Jahres-Vergleich zum Schluss, dass eine Lohnentwicklung praktisch nur aufgrund der im GAV ausgehandelten Leistungen stattfand. Die Ergebnisse der jährlichen Lohnrunden schlagen sich in der Lohnentwicklung nieder, eine Lohnentwicklung im Laufe der Berufskarriere findet jedoch kaum statt, da der heutige GAV nach der zweiten Lohnstufe ab dem 4. Berufsjahr keine weitere Erhöhung der Löhne vorsieht.

 

Genauer analysieren wird syndicom noch, wieso ca. 30 Prozent aller Teilnehmenden Löhne unter 4000 Fr. ausweisen. Im GAV-Bereich im Buchhandel können nur nicht buchhändlerisch Ausgebildete in den ersten drei Jahren einen Lohn unter 4000 Fr. verdienen (3700 Fr. Einstiegslohn und 4000 Fr. ab 4. Jahr). Und es gibt keine Hinweise, dass eine so grosse Anzahl der UmfrageteilnehmerInnen nicht dem GAV unterstellt wäre: Fast 80 Prozent der Gruppen Basis+Kader geben an, dem GAV unterstellt zu sein.

Die im GAV-Anhang festgelegten Einstiegslöhne für gelernte BuchhändlerInnen konnten im Vergleichszeitraum 2007/2017 von 3600 auf 4000 Fr., diejenigen für nicht buchhändlerisch Ausgebildete von 3400 auf 3700 Fr. erhöht werden. Das führte dazu, dass die Löhne in den ersten Berufsjahren markant angestiegen sind, ungefähr um den Betrag, um den die verbindlichen Mindestlöhne erhöht werden konnten. Für länger im Buchhandel arbeitende KollegInnen stagnierten die Löhne jedoch. Zwar stiegen auch die GAV-Mindestlöhne für BuchhändlerInnen ab dem 4. Berufsjahr um 270 Fr. von 3900 auf 4170 Fr., doch führte das nicht zu einer generellen Anhebung des Lohnniveaus, die Löhne bleiben ungefähr bis zum 12. Berufsjahr auf diesem Mindestniveau, das vor 10 Jahren noch übervertraglich war. Das gleiche gilt für langjährige Berufskarrieren: Die Löhne sind heute ungefähr am gleichen Ort wie vor 10 Jahren.

 

In den Lohnrunden 2008, 2009 und 2011 wurde ein kumulierter Teuerungsausgleich von 3,2% vereinbart. Der heutige Medianlohn entspricht einer Erhöhung des Medianlohns von 2007 um 2,4%. Daraus können wir schliessen, das der vereinbarte Teuerungsausgleich wohl gewährt wurde, darüber hinaus jedoch keine freiwilligen generellen Lohnanpassungen stattfanden und neue Angestellte tendenziell leicht tiefer eigestuft wurden als die bisherigen (sonst müsste der Medianlohn heute 34 Fr. höher sein als die Studie aufzeigt).

Erst über 10-jährge Betriebstreue wird honoriert, führt jedoch zu keiner Lohnentwicklung gegenüber 2007

Die Tabelle 3 zeigt in der Tendenz, dass langjähriges Arbeiten in der der gleichen Buchhandlung bis zum 10. Jahr zum GAV-Mindestlohn erfolgt. Erst wer über 10 Jahre in der gleichen Buchhandlung arbeitet, kann mit einem Lohn rechnen, der spürbar über dem GAV-Mindestlohn liegt. Allerdings hat sich das Lohnniveau in den letzten 10 Jahren für langjährige Mitarbeitende nicht verändert.

Die Ausreisser im 1. und im 5.-7. Betriebsjahr könnten sich erklären durch kleine Stichprobengrössen, bei denen sich ein unterschiedlicher Anteil männlicher und weiblicher Angestellter oder eine unterschiedliche Altersstruktur überproportional auswirkt. Wir lassen diese beiden Gruppen für die Beurteilung der Tendenz der Lohnentwicklung über die Jahre deshalb beiseite.

Eine Buchhändlerin oder ein Buchhändler muss rund 35 Jahre alt werden, um einen Lohn zu erhalten der deutlich über dem Mindestlohn ab dem 4. Berufsjahr liegt. Dieser kann in einer direkten Berufskarriere mit Lehre und Berufseinstieg mit ca. 23 Jahren erreicht werden. 2007 lag der Medianlohn ca. 10 Jahre früher, d.h. ab 26. Altersjahr, über dem Mindestlohn. Die Lohnentwicklung von 2007 bis 2017 ist in allen Altersgruppen auf die Erhöhung der Mindestlöhne und auf den Teuerungsausgleich in dieser Periode (3,2%) zurückzuführen.

 

Fazit von syndicom:

  • Nur dank dem GAV-Mindestlöhnen und den jährlichen Lohnrunden gab es zwischen 2007 und 2017 eine Lohnentwicklung.
  • Die Mindestlöhne werden erst mit über 10 Jahren in der gleichen Buchhandlung oder ab 35. Altersjahr spürbar übertroffen.
  • Um eine kontinuierlich Lohnentwicklung zu erzielen, braucht es weitere Mindestlohnstufen (z.B. nach 7 und 10 Berufsjahren)

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