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Die SDA: Bollwerk der Information

Die Schweizer Nachrichtenagentur spielt eine grundlegende Rolle für den Zusammenhalt des Landes und die freie Meinungsbildung. Deshalb sollte sie in Zeiten von Krise und Fehlinformation noch stärker unterstützt werden.

© 30.01.2018 SDA-Streik in Bern

Federico Franchini

Für den Westschweizer Newsletter Gotham City schreibe ich über die bundesgerichtliche Rechtsprechung. Ich wohne im Tessin und damit in der Nähe des Bundesstrafgerichts, das 2004 in Bellinzona neu geschaffen wurde. Der Entscheid wurde nicht überall begrüsst, vor allem nicht von den Angeklagten, Anwälten und Staatsanwältinnen, die für einen Prozess ins Tessin reisen müssen. Oder den Journalist*innen. Abgesehen von Skandalprozessen ist das Pressezimmer des Gerichts oft trostlos leer. Eine Ausnahme gibt es aber: Die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) ist bei den Verhandlungen immer dabei.

«Geschichte existiert nur, wenn sie jemand erzählt»

Die Prozesse sind lang, manchmal langweilig, aber auch aufschlussreich und voller überraschender Wendungen. Sie zu verfolgen, ist ein Muss, denn die Justiz muss transparent bleiben. Ohne die SDA wären Geldwäscherei- oder Korruptionsverfahren ein Ritual im Verborgenen. Mit den Worten des Schriftstellers und Reporters Tiziano Terzani: «Die Geschichte existiert nur, wenn sie jemand erzählt. »

Das Beispiel zeigt, wie wichtig die Arbeit der Kolleg*innen der SDA ist. Ein Team von Medienschaffenden, deren Namen man nicht einmal kennt, leistet sie rund um die Uhr und das ganze Jahr über in drei Landessprachen. Die Verfasser*innen der Artikel erscheinen in den Zeitungen nicht mit Namen. Angegeben wird nur das Kürzel der Agentur, die 1895 gegründet wurde und für ihre Ausgewogenheit und Unparteilichkeit bekannt ist. Die SDA nimmt eine wesentliche Aufgabe des demokratischen Service public wahr, wenn sie über politische, rechtliche, wirtschaftliche, sportliche und kulturelle Ereignisse berichtet, die der vierten Gewalt sonst entgehen würden.

Eine Aufgabe, die durch die Profitlogik gefährdet wird

In den letzten Jahren ist die SDA aber immer stärker unter Druck geraten. Im Winter 2018 geschah etwas in der Schweiz Unvorstellbares: Es wurde gestreikt. Der Konflikt war durch die angekündigte Streichung von rund vierzig Stellen aufgrund der Fusion mit der Agentur Keystone ausgelöst worden. Die Fusion zur Keystone-SDA wurde dann von den Aktionären genehmigt. Sie löste Bedenken aus, weil die neue Einheit nun eine private Aktiengesellschaft ist, die nur ihrem Aktionariat gegenüber verantwortlich ist. Die Haupteigner sind die österreichische Agentur APA (30 %) und die TX Group (24,4 %).

Die Auswirkungen sind bereits spürbar: Von 2018 bis 2020 ist die Zahl der Vollzeitstellen von 216 auf 174 gesunken, der Umsatz von 43 auf 37 Millionen Franken. Dieser Rückgang ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, unter anderem darauf, dass die Aktionäre – also die Verleger – auf eine Reduktion ihrer eigenen Tarife oder Kündigung von Abonnementen drängten.

Stärkung der SDA durch das Medienförderpaket

In den letzten Jahren wurde die Keystone-SDA vom Bund unterstützt. 2021 erhielt die Agentur einen Beitrag von 4 Millionen Franken. Hinzu kommen könnte auch ein Teil der Mittel, welche der Bund mit dem Medienförderpaket bereitstellen will, über das wir am 13. Februar abstimmen. Es geht um die 23 Millionen, die «dem gesamten Medienplatz Schweiz» über die Unterstützung von Nachrichtenagenturen zugutekommen sollen. Diese Beiträge sind unerlässlich. Dahinter lässt sich aber ein anderes Problem – der Rückgang bei den Werbeeinnahmen – nicht verbergen. Oder die Tatsache, dass sich diese Erträge zunehmend auf Konzerne wie Google und Facebook verlagern. In der Schweiz fliessen jährlich rund 1,4 Milliarden Franken des Werbemarktes an die Internetgiganten. Dies hat zu Kürzungen, Schliessungen, Konzentrationen und Druck auf die Arbeit der Redaktionen geführt. Und das wirkt sich auch auf die Keystone-SDA aus. Um diesem Trend entgegenzuwirken, haben die französische Nachrichtenagentur AFP und Google einen Fünfjahresvertrag unterzeichnet, in dem sich Google verpflichtet, für die Nutzung der Inhalte der AFP zu zahlen. Könnte man sich in der Schweiz daran ein Beispiel nehmen?


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