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Reporter mit Grenzen

Eine Tagung zur Pressefreiheit, dem Fundament jeder Demokratie. Und eine Podiumsdiskussion zur Medienzensur in der Schweiz: mit Ludovic Rocchi und Yves Steiner, die beide schlechte Erfahrungen machen mussten. 

Die 3. Journalismustagung, zu der unter anderem Reporter ohne Grenzen, Amnesty International und Impressum eingeladen hatten, beschäftigte sich mit einem Beruf, der von vielen Seiten unter Druck steht. Im Brennpunkt standen die Zensur, die Risiken der Kriegsberichterstattung, der Druck von Inserenten oder auch unvernünftige Anforderungen seitens der Herausgeber. An einer Podiumsdiskussion zur Medienzensur in der Schweiz äusserten sich Ludovic Rocchi (früher «Le Matin», aktuell RTS) sowie Yves Steiner (ehemals RTS, heute Eidgenössische Finanzkontrolle) zu den Einschüchterungsversuchen, denen sie ausgesetzt waren.

Ludovic Rocchi hat aus seinen Erfahrungen mit der Justiz praktische Lehren gezogen: bei heiklen Recherchen sollte man keine wichtigen Informationen ungesichert abspeichern und den Computer weder am Arbeitsplatz noch zu Hause liegenlassen. Und im Falle einer Hausdurchsuchung muss man ausdrücklich verlangen, dass beschlagnahmte Objekte versiegelt werden. «Die Pressefreiheit ist ein fragiles Gut», resümierte Rocchi, der vor Gericht schliesslich Recht bekam.

Mit Verfahren eingedeckt

Yves Steiner demonstrierte am Beispiel eines Weinhändlers, der versucht hatte, die Reportagen des Westschweizer Fernsehens zu beeinflussen, die Machtverhältnisse: Während dem Weinhändler sieben Anwälte zur Seite standen, wurde er lediglich von zwei Juristen unterstützt. Dabei wurde er mit acht Verfahren und einem umfangreichen Schriftverkehr eingedeckt, die seine journalistische Arbeit massiv beeinträchtigten. Jean-Philippe Ceppi, Produzent von «Temps Présent» (RTS), kritisierte das «Klima der Einschüchterung», das für den investigativen Journalismus in der Schweiz lebensbedrohlich werden könnte.

Der Druck steigt weiter

Unter dem Titel: «Redaktio­nen unter Druck – Krise der Medienfinanzierung» wurde an der Tagung auch eine Studie der Uni Freiburg diskutiert, für die 1000 Medienschaffende befragt wurden. Sie belegt die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf den Redaktionen: der Druck (sowohl intern als auch von Inserenten) hat zugenommen und es fehlt die Zeit, Informationen vor Ort zu überprüfen, stattdessen muss alles sofort aufs Netz.

... 10 000 Fliegen können nicht irren

Die Herausgeber zeigten sich unbeeindruckt zuversichtlich. So zählt für Serge Reymond, Direktor von Tamedia Romandie, nicht die Zahl der Schreibenden, sondern vielmehr, dass sie nach wie vor Lust hätten, hochwertige Inhalte zu produzieren: «Qualität ist, was gelesen wird!» Das fand NZZ-Redaktor Rainer Stadler etwas gar einfach: «Was uns in der Schweiz zum Lesen vorgelegt wird, ist teilweise grässlich.»

Interessant war es auch, den unterschiedlichen Strategien der Her­ausgeber zu lauschen. Einziger Wermutstropfen dieser in mancher Hinsicht wegweisenden Tagung war nur, dass Impressum zwar keine Bedenken hatte, sich für die Tagung mit den Verlegern zusammenzutun, syndicom jedoch als Mitveranstalterin ausgeschlossen hatte.

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