Mehr Frauen in der Gewerkschaft

Deutschland und Frankreich: Ideen für mehr Frauen in der Gewerkschaft

Die meisten jungen Kolleginnen bei uns im Betrieb sind nicht Mitglied in der Gewerkschaft. Wie könnte man sie dafür begeistern, sich zu engagieren? Habt ihr Vorschläge?

«52 Prozent unserer 2 Millionen Mitglie der sind Frauen. Aber alle Gewerkschaften kämpfen mit der Frage, wie man Frauen für einen Beitritt gewinnen kann», sagt Alexa Wolfstädter, die Referentin für Gleichstellungspolitik bei der deutschen ver.di.

ver.di hat für ihre Entscheidungsgremien und Delegationen Mindestfrauenquoten eingeführt, die der Geschlechtervertretung der Mitglieder in den Branchen entsprechen. «Seit 2015/16 arbeiten wir daran, junge Frauen unter 40 zu erreichen. Wir befragen sie zu ihren Interessen und bieten ihnen Inhalte auf unserer Webseite (frauen.verdi.de/junge-frauen).»

ver.di-Webseite für jüngere Frauen

Es gibt da Web-Seminare zu Themen wie Lohn verhandlung, Durchsetzung vor Publikum oder faire Arbeits teilung privat und im Job – ein Projekt von Familienministerium und Gewerkschaftsbund DGB –, Artikel, die auf interessante Urteile zur Gleichstellung aufmerksam machen, Beratung für junge Mütter, Ausbildungsangebote.

Es werden Info-Abende, Workshops zur politischen Arbeit und ein Mentoring-Programm durchgeführt. Frauen dürfen als Gäste ohne Stimmrecht zu Vorstandssitzungen kommen, um sie zur Gewerkschaftsarbeit zu ermutigen. Ihre Kinder werden betreut oder es gibt Betreuungsspesen. «Das funktioniert gut, aber wir möchten noch mehr junge Frauen erreichen», sagt Alexa Wolfstädter.

Die französische Soziologin Cécile Guillaume, die vor Kurzem das Buch Syndiquées. Défendre les intérêts des femmes au travail (Gewerkschafterinnen: Die Interessen der arbeitenden Frauen verteidigen) veröffentlicht hat, sagt, sie sei sich «nicht sicher, ob die französischen Gewerkschaften sehr innovativ dabei sind, Frauen als Mitglieder zu werben». Eine echte Stimme in der Gewerkschaft haben sie erst seit den 2000er-Jahren. Nur dank gezielter Gleichstellungsmassnahmen – so dem Gesetz über sozialen Dialog und Beschäftigung von 2015 – konnten sie sich Gehör verschaffen. Das Gesetz sieht vor, dass auf den Gewerkschaftslisten für die Wahl von Personalvertretungen alternierend Männer und Frauen als Kandidierende aufgeführt werden.

Der französische Gewerkschaftsbund CGT brachte eine Gleichstellungs- Charta heraus, die die Geschlechter parität in seinen Führungsgremien genau regelt. Die Gewerkschaft CFDT etwa verlangt einen Frauenanteil von 30 % in ihrem nationalen Vorstand, der Exekutivkommission gehören 50 % Frauen an.

Flexibles Engagement in Frankreich

«Auf nationaler Ebene wurden Massnahmen ergriffen. Aber regional, in den unions départementales, bleiben Ungleich heiten, und die lokalen Verantwortlichen unternehmen kaum etwas dagegen», sagt die Soziologin Yannick Le Quentrec von der Universität Toulouse.

Sie empfiehlt, «Tandems» zu bilden, um sich die Gewerkschaftsarbeit aufzuteilen und sich in Funktionen, wo Angriffe heftig sein können, weniger exponiert zu fühlen. «Ich spreche von Patinnenschaften, weil es darum geht, Frauen mit Verantwortung einzubeziehen, die ihr Wissen an Jüngere weitergeben können.» Die Möglichkeit für Gewerkschaftsfrauen, ihr Engagement an ein alternierendes Sorgerecht für die Kinder anzupassen, scheint ihr nachahmenswert. Seit fünf Jahren unterstützt Le Quentrec auch die Verhandlung von Aktionsplänen für die Gleichstellung in den Betrieben, die eine Diagnose und einen Zeitplan zur Behebung von Ungleichheiten gestatten. Die CGT hat eine eigene Webseite eingerichtet, auf der man prüfen kann, ob sich Arbeitgeber an das Gesetz halten (egalite-profes sion nelle.cgt.fr).


Sylvie Fischer, Chefredaktorin syndicom magazin

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