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Die Arbeitsbedingungen von jungen Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz

In seiner Masterarbeit an der Uni Fribourg hat Lauro Mombelli die aktuellen Arbeitsbedingungen von jungen Journalisten und Journalistinnen in der Schweiz untersucht. Es ist die erste spezifische Untersuchung des Nachwuchses in der Medienbranche überhaupt. Teilgenommen an der Umfrage haben knapp 200 Journalist*innen, die 1990 oder später geboren wurden. Bei der Verbreitung des Fragebogens wurde der Studienautor durch syndicom unterstützt.

Lauro Mombelli, Master of Arts in Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, führte die Studie durch. (Bild: zVg)

Lauro Mombelli, wie attraktiv ist der Beruf der Journalistin, des Journalisten noch?

Man muss differenzieren. Es gibt positive Aspekte, die für die Attraktivität sprechen. Die Mehrheit der Befragten hat angegeben, dass sie genug Zeit haben zum Überprüfen von
Quellen und Informationen und um ihre Texte zu schreiben. Als positiv wird auch die hohe Autonomie bei der Arbeit empfunden. Gegen die Attraktivität spricht, dass die Mehrheit mehr als drei Überstunden pro Woche zu leisten hat. Und auch, dass die Hälfte der Befragten zu wenig Zeit hat, um die täglich anfallenden Aufgaben in einer für sie zufriedenstellenden Art zu bewältigen.

Der Verband «Junge Journalistinnen und Journalisten Schweiz» (JJS) hat in den vergangenen Monaten in einer Social-Media-Kampagne das Problem von Stress und Überstunden thematisiert. In eindrücklichen Statements erzählten junge Journalistinnen und Journalisten von den psychischen Problemen, welche ihre Arbeitsbelastung auslöst. Wie gross ist dieses Problem? 

Ich habe in meiner Umfrage verschiedene Stresssituationen abgefragt. Eine der Antwortmöglichkeiten war zum Beispiel «Ich muss an zu viele Sachen gleichzeitig denken». Da haben 71 % angegeben, dass dies meistens oder immer der Fall ist. Auf der anderen Seite habe ich auch gefragt, wie gut sie mit dem Stress umgehen können. Hier antwortete eine Mehrheit, dass sie ziemlich gut oder vollumfänglich damit umgehen können.

«50 Prozent der jungen Journalist*innen haben zu wenig Zeit, um ihre Arbeit zufriedenstellend zu erledigen.»

Ein wichtiger Faktor für die Attraktivität des Berufs ist natürlich auch der Lohn. syndicom und der SGB haben vergangenes Jahr in einer Lohnumfrage herausgefunden, dass die Löhne im Journalismus seit einem Jahrzehnt stagnieren. Wie steht es um die Einkommenssituation bei den jungen Journalistinnen und Journalisten?

Beim Lohnniveau der Jungen habe ich einen Median des monatlichen Bruttoeinkommens von 5000 bis 6000 Franken ermittelt. Es hat sich aber auch bei meiner Stichprobe bestätigt, dass die Journalisten etwas mehr verdienen als die Journalistinnen, und dass die Festangestellten mehr verdienen als die Freien. Als positiv werte ich, dass der Anteil derer, die weniger als 4000 Franken pro Monat verdienen, im Vergleich zu früheren Studien leicht gesunken ist.

Die Medien befinden sich vor dem Hintergrund der wegbrechenden Werbeeinnahmen in einer schon lange anhaltenden Krise. Du hast die jungen Journalistinnen und Journalisten auch gefragt, wie sie ihre Zukunft sehen und die Zukunft ihres Berufs und der Branche. Was ist dabei herausgekommen?

Die eigene Zukunft schätzt knapp die Hälfte der Befragten eher positiv ein. Hingegen bewertet nur ein Viertel die Zukunft des Berufs und der Branche als positiv. Die Antworten lassen natürlich Spielraum offen für Interpretation, was wohl der Grund für diese unterschiedliche Einschätzung ist. Es wäre interessant, wenn dies in einer zukünftigen Arbeit untersucht würde.

Wo sehen die Befragten denn vor allem Verbesserungspotenzial mit Blick auf die Arbeitsbedingungen?

So direkt habe ich dies nicht gefragt. Allerdings war eine der Fragen, was die Gründe seien, um aus dem Journalismus auszusteigen. Und da wird als einer der Hauptgründe
genannt, dass die Work-Life-Balance zu kurz kommt. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn die Arbeitgeber sicherstellen würden, dass die Journalistinnen und Journalisten nicht x
Überstunden leisten müssen.

Das Gespräch führte Lorenzo Bonati
 

Studie von Lauro Mombelli

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